Gastkommentar

Und wo, bitte, bleibt die Sachlichkeit?

Replik auf Fritz Hausjell. Es wird Zeit, die parteipolitische Debatte zu beenden und die Diskussion auf einer Sachebene zu führen.

Der Autor

Martin Fleischhacker ist seit 2002 bei der Wiener Zeitung und seit 2018 deren Geschäftsführer.

Aufgrund einer durch den Wegfall der Pflichtveröffentlichung notwendig gewordenen Transformation hat sich ein hochmotiviertes Team darangemacht, ein neues digitales Medium zu kreieren, mit dem Ziel, vor allem junge Menschen für Qualitätsjournalismus zu begeistern. Parallel dazu bietet die „Wiener Zeitung“ („WZ“) mit dem Traineeship jungen Journalistinnen und Journalisten die Möglichkeit, umfassende Erfahrungen für einen herausfordernden Beruf zu sammeln.

Trotzdem war der Gegenwind bestimmter Gruppen von Anfang an massiv. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Betonen möchte ich, dass wir Bedenken und Kritiken sehr ernst genommen haben, gerade wenn sie konstruktiv waren. Aber Anfeindungen ohne faktische Grundlage, ohne eine einzige Geschichte gesehen oder das Projekt verstanden zu haben, sind weder gerechtfertigt noch machen sie den Medienstandort besser.

Ich rücke mit meinem heutigen Text nicht aus, um jeden unserer Schritte oder gar politische Entscheidungen zu verteidigen. Vielmehr stelle ich mich vor mein Team und vor unsere Partner. Ihr Ruf, ihre Integrität und beruflichen Perspektiven wurden zum Teil ohne jede Sachlichkeit von Einzelnen massiv angegriffen. Und das lehne ich strikt ab.

Geht es nur um die Farbe?

Mit Fritz Hausjell hat sich zuletzt ein denkbar mächtiges Sprachrohr gefunden. Er ist Mitglied im Bund Sozialdemokratischer Akademiker, Präsident der NGO Reporter ohne Grenzen und Stellvertretender Vorstand des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Sein Gastkommentar in der „Presse“ vom 30. 6. hat aber leider wissenschaftliche Distanz und damit analytische Kraft vermissen lassen. Seine Einordnung scheint einseitig. Warum?

Was unserem Unternehmen ohne faktische Grundlage vorgeworfen wird, tritt an anderer Stelle klar zutage. Jeder kann sich auf der Vereins-Website des Forums für Journalismus und Medien (Fjum) ein Bild von einem politisch klar gefärbten Vorstand machen. Dort findet man einen SPÖ-Gemeinderat der Stadt Wien. Gleichzeitig wird der Verein von der Stadt Wien finanziell massiv gefördert, alles sehr intransparent.

Zweierlei Maß

Für jene, die gegen uns vorgehen, dürfte das kein Problem sein, für Fritz Hausjell nicht der Rede wert. Auch für Daniela Kraus scheint das kein Problem zu sein. Sie ist ehemalige Geschäftsführerin des Fjum und Generalsekretärin im Presseclub Concordia. Sie hat öffentlich gegen uns mobil gemacht, Fjum hat sie nicht thematisiert.

Woran liegt es, dass sie im Fall unseres Unternehmens potenzielle politische Einflussnahme sehen und es an einer anderen Stelle, wo sie klar stattfinden könnte, nicht thematisieren? Sind die Vorwürfe am Ende womöglich parteipolitisch motiviert? Werden da Interessenvertretung und persönliche Interessen vermischt?

Unser Traineeship ist ein Praxisprogramm mit Anstellungsverhältnis samt Satzungen und Beirat, ein Kooperationsprojekt mit anderen Medienhäusern und ein einzigartiges Angebot. Wir werden dafür Sorge tragen, dass die journalistische Unabhängigkeit der Trainees gewahrt wird. Die Chefredaktion der „WZ“ wird öffentlich ausgeschrieben. Das bisherige Redaktionsstatut gilt, bis wir mit der Redaktion ein neues verabschiedet haben. All dies machen wir transparent und öffentlich. Denn nur Transparenz und Offenheit bauen Vertrauen auf und schützen auch vor Einflussnahme. Die „Wiener Zeitung“ wird vorzeigen, wie das geht.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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