Morgenglosse

Viktor Orbán allein zu Haus

Ungarns Ministerpräsident, Viktor Orbán, isoliert sich nun auch in der Gruppe der Visegrád-Länder.
Ungarns Ministerpräsident, Viktor Orbán, isoliert sich nun auch in der Gruppe der Visegrád-Länder. Reuters/Leonhard Foeger
  • Drucken
  • Kommentieren

Die rein national orientierte Illusionspolitik des ungarischen Premiers Viktor Orbán stößt nun auch bei ehemals gleichgesinnten Osteuropäern auf Ablehnung. Warum wohl?

Über viele Jahre erhielten die osteuropäischen EU-Länder nicht jenen Respekt, der ihnen zugestanden wäre. Viele EU-Regierungen und die EU-Kommission behandelten sie nicht als gleichwertige Mitgliedstaaten. Das ist mit ein Grund, warum sich die Visegrád-Länder eng zusammenschlossen, um für ihre Interessen in der Gemeinschaft zu kämpfen. Ihr Vorgehen war notwendig und verständlich. Doch Viktor Orbán, der mit den EU-Institutionen immer stärker übers Kreuz geriet, wollte die Schicksalsgemeinschaft aus Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn in eine Kampftruppe gegen gemeinsame europäische Lösungsansätze und Werte verwandeln.

Seine Sicht entspricht der Illusion von umfassender nationaler Souveränität in einem von globalen wirtschafts- und sicherheitspolitischen Einflüssen bedrängten Europa. Diese Illusion mag in Zeiten von Krieg und Migration noch immer populär sein. Dass sie aber eine gefährliche Mogelpackung geworden ist, haben selbst seine engsten Verbündeten in der Visegrád-Gruppe mittlerweile begriffen. Spätestens der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat seine populistische Spielerei bloßgestellt.

Wer einigermaßen unbeschadet aus den Verwerfungen herauskommen möchte, muss die großen Fragen wie militärische Sicherheit und Energiesicherheit in Europa gemeinsam lösen. Und er muss weitere Probleme wie etwa die Migration so rasch wie möglich ebenfalls gemeinsam bewältigen, um die innere Stabilität abzusichern.

Orbán isoliert sich mit seinem Ansatz nun auch in Osteuropa. Sein Unverständnis für jegliche europäische Solidarität stößt längst nicht nur jene in Brüssel vor den Kopf, denen es um die Bewahrung von EU-Recht oder um die Kompetenzen der Union geht. Es irritiert auch jene, die sich wünschen, von den restlichen EU-Partnern ernst genommen zu werden, und ihren konstruktiven Beitrag zur Lösung der immensen Herausforderungen leisten möchten.

Der ungarische Ministerpräsident weiß, dass er als Person diesen Respekt in der EU nicht mehr erlangen wird. Er gilt nicht mehr als einer, auf den Verlass ist, mit dem ein Pakt hält. Seine Mission ist wohl auch deshalb eine rein destruktive geworden, von der sich immer mehr seiner ehemaligen Freunde in Osteuropa distanzieren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.