Quergeschrieben

Der falsche Glaube daran, dass der Opferstatus adelt

Ein deutscher Journalist hat seine jüdische Familiengeschichte – zumindest teilweise – erfunden. Was lehrt uns das über Identitäts- und Erinnerungspolitik?

Als ich bei der jüdischen US-Wochenzeitung „Jewish Daily Forward“ arbeitete, organisierten wir eine Mitmachaktion. Leserinnen und Leser sollten Fotos ihrer liebsten Familienerbstücke schicken. Es kamen Aufnahmen von abgegriffenen Postkarten, alten Schmuckstücken, bei der Flucht aus Europa geretteten Kerzenständern. Eine Frau schickte das Foto einer Gürtelschnalle. Die habe eine Verwandte im Konzentrationslager gefunden und aufbewahrt. Der Rest der Familie sei dort ermordet worden.

Was für eine Story! Bevor wir sie publizierten, fragten wir nach Details. Die Antwort machte uns stutzig. Die Familie sei in Theresienstadt vergast worden, die Verwandte als Kleinkind allein entkommen. Aber in Theresienstadt gab es keine Gaskammern. Und in den Archiven fanden wir nichts zu den angegebenen Familiennamen.

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