Die „Ouverture spirituelle“ der Salzburger Festspiele lotet mit Rihm und Sciarrino Grenzwerte aus.
„ET LUX“: Wolfgang Rihm schreibt nicht nur den Titel, sondern den gesamten Gesangstext seines Werks in Versalien, als läsen wir ihn auf einem antiken Monument: Wer jeden Buchstaben erst in Marmor kerben muss, hat weder Zeit noch Platz für Brimborium. In Zeiten von Social Media sind die einst Ehrfurcht gebietenden Großbuchstaben längst in Verruf geraten: als abgedroschenes Mittel einer Dauerempörung, die auch in der Schrift nur noch Schreien kennt. Irgendwie steckt das alles auch in Rihms Musik – und zwar, obwohl diese 2009 entstandene Teil-Vertonung des lateinischen Requiems eine gute Stunde beansprucht und sich auch in viele zarte Regungen verästelt. Umschweife und Ornamentik kennt sie dennoch keine.