Albertini: "EVP sollte Berlusconi ausschließen"

(c) AP Luca Bruno
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Gabriele Albertini, Mario Montis Kandidat für die lombardische Regionalwahl, über den Anti-Europa-Kurs seines früheren Parteifreundes Silvio Berlusconi.

Gabriele Albertini war von 1997 bis 2006 Bürgermeister von Mailand – damals noch als Mitglied der Berlusconi-Partei. Der EU-Parlamentarier kandidiert nun für den Posten des lombardischen Regionalpräsidenten. Seine bürgerliche Liste steht unter der Ägide Mario Montis, Silvio Berlusconis Erzrivalen. In Umfragen rangiert Albertini auf Platz drei, hinter der von der Lega angeführten Rechten und der Mitte-links-Allianz.

Die Presse: Wieso haben Sie mit Silvio Berlusconi gebrochen?

Gabriele Albertini: Berlusconis „Volk der Freiheit“ hat sich verändert. Die Partei vertritt inzwischen dieselbe Politik wie die Lega Nord – mit denselben antieuropäischen Hetzparolen. Das widerspricht meinen Idealen.

Die Zusammenarbeit zwischen Berlusconi und Lega ist ja nichts Neues.

Aber seine Partei hat sich früher immer zur EU bekannt. Wenn Berlusconi Angela Merkel als Diktatorin und die hohen Zinssätze der italienischen Staatsanleihen als eine deutsch-europäische Verschwörung bezeichnet, dann ist das Lega-Propaganda.

Sollte die Europäische Volkspartei Berlusconi ausschließen?

Ich wäre dafür. Nicht, weil ich etwas gegen ihn persönlich habe. Sondern weil Silvio Berlusconi jetzt offenbar etwas gegen Europa hat. Das ist nicht kompatibel mit den Idealen der EVP.

Wird es zum Ausschluss kommen?

Nach der Parlamentswahl, nehme ich an. Davor will man sich nicht in den Wahlkampf einmischen.

Wieso legt Berlusconi in Umfragen zu?

Vielleicht liegt das an der mangelnden Fähigkeit vieler Italiener, offen für komplexe, rationale Inhalte zu sein. Da glaubt man lieber jemandem, der die Abschaffung von Steuern verspricht. Silvio Berlusconi und die Lega sprechen die niedrigsten Instinkte der Italiener an, heben jene Seiten hervor, die uns im Ausland so lächerlich machen. Berlusconi ist unser Rattenfänger von Hameln.

Besteht nicht die Gefahr einer noch größeren Spaltung des Landes in den (reichen) Norden und (armen) Süden, falls die Lega gewinnt und mit der Lombardei, Piemont und Venetien drei reiche norditalienische Regionen kontrollieren würde?

So dramatisch wird es nicht sein. Aber man darf die Unterschiede zwischen Norden und Süden nicht ignorieren. Wir Lombarden empfinden stark unsere österreichisch-ungarischen Wurzeln. Die Habsburger haben unsere Mentalität geprägt: Unsere Weltanschauung ist nicht mediterran, sondern mitteleuropäisch.

Aber die vorherige, so sehr „norditalienische“ lombardische Lega-Nord-Regierung musste wegen Mafiakontakten zurücktreten.

Die organisierte Kriminalität geht eben dahin, wo das Geld ist. Die Lombardei ist die reichste Regionen Italiens. Sollte ich gewählt werden, würde ich weiter Korruption und Mafia hart verfolgen. Wie schon zu meiner Zeit als Bürgermeister. basta

Zur Person

Gabriele Albertini ist EU-Parlamentarier und Mario Montis Kandidat für die lombardische Regionalwahl. Der pragmatische Unternehmer war von 1997 bis 2006 Bürgermeister von Mailand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2013)

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