Porträt Hirscher: Druck in Ansporn umgemünzt

First placed Marcel Hirscher of Austria celebrates after winning the men's Slalom race at the World Alpine Skiing Championships in Schladming
First placed Marcel Hirscher of Austria celebrates after winning the men's Slalom race at the World Alpine Skiing Championships in Schladming REUTERS
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Drei Medaillen gab es für den Salzburger Hirscher bei der Heim-WM. Er liegt auch gut am Weg zu einer erfolgreicher Titelverteidigung im Gesamtweltcup.

Nach dem "depperten Glasbecher" für den Gesamtweltcup im März 2012, der Goldmedaille mit dem österreichischen Team und dem ersten Einzel-Edelmetall seiner Karriere mit Silber im Riesentorlauf darf sich Marcel Hirscher nun auch Slalom-Weltmeister nennen. Der 23-jährige Salzburger krönte das alpine Ski-Fest in Schladming und sorgte für einen Ausklang ganz nach dem Geschmack der euphorisierten großteils rot-weiß-roten rund 42.000 Zuschauer im Stadion.

"Österreichs Sportler des Jahres 2012" trug bei der Heim-WM die Erwartungshaltung einer ganzen Nation auf seinen Schultern, der Hype um seine Person nahm unglaubliche Ausmaße an. Sechs Saisonsiege hat der Annaberger im bisherigen Weltcup-Winter gefeiert, vier Slaloms, einen Riesentorlauf und ein Parallel-Event gewonnen. "Drei Goldene? Die sind echt alle wahnsinnig", kommentierte Hirscher die Vorstellungen und Forderungen der Öffentlichkeit an ihn.

Nervenstärke

Von den Aufregungen um seinen Blog nach dem Super-G ("Diesen Lauf wäre ich auch gerne gefahren") und einer erneuten, aber sofort im Keim erstickten Einfädler-Affäre ließ er sich nicht verunsichern. Der Auftritt im Team-Bewerb war souverän, zum Riesentorlauf trat er wegen einer Nackenblessur nach fast schlafloser Nacht an. "Normal bleibt man mit so was im Bett. Silber glänzt wie Gold. Nun kann ich befreit in den Slalom gehen, kann ihn feiern", hatte sich der Annaberger für den Showdown in Schladming vorgenommen - und nahm dann am Sonntag sein erstes Einzel-Gold in Empfang.

Nach dem im Februar 2011 zugezogenem und ausgeheilten Kahnbeinbruch im linken Fuß lieferte Hirscher eine perfekte Saison 2011/2012 ab. Krönung war der Triumph im Gesamtweltcup. Das Finale in Schladming war hochklassig, das bis zum Schluss währende Duell mit dem Schweizer Beat Feuz nervenaufreibend. Auch die kleine Kristallkugel für die Riesentorlauf-Wertung ging an Hirscher. Er ist als aktuell Führender auf dem besten Weg, sich zum zweiten Mal in Folge die große Trophäe als Auszeichnung für den konstantesten Skirennläufer über eine Saison zu holen.

Erster Weltcupsieg 2009

In Kranjska Gora hat der Absolvent der Hotelfachschule Bad Hofgastein im März 2008 als Slalom-Dritter seinen ersten Stockerlplatz errungen. Großes Risiko hatte er auf die Piste gelegt und erklärt, dass er sich das von Benjamin Raich abgeschaut habe. "Und auch wenn er öfters mal ausgefallen ist, er ist seiner Einstellung treu geblieben", erzählte Hirscher. Der Athlet aus dem Lammertal hat seine Linie bisher ebenfalls konsequent verfolgt.

Seinen ersten Weltcup-Sieg errang Hirscher im Dezember 2009 im Riesentorlauf in Val d'Isere. Er hält nun bei 18 Erfolgen (10 Slalom, 7 Riesentorlauf, 1 Parallel-Event). Bei Großereignissen verpasste der dank seiner Mutter Sylvia "halbe Holländer" und zweisprachig aufgewachsene Athlet vor Schladming Medaillen dreimal nur knapp. Bei der WM 2009 in Val d'Isere kam er im Riesentorlauf auf Platz vier, bei Olympia 2010 in Whistler wurde es im Riesentorlauf ebenfalls der vierte Rang, im Slalom der fünfte. Medaillen hat er aus Junioren-Zeiten zu Hause, drei in Gold, zwei in Silber und eine in Bronze.

Die WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen verfolgte Hirscher wegen der Fußverletzung von der Couch aus. "Mit feuchten Augen", wie er gestand. Das Ziel für die Saison 2011/2012 hatte gelautet, wieder an die Weltspitze anzuschließen. Doch Hirscher wurde zum Superstar der Szene. Selbst die in Kitzbühel ins Rollen gebrachte belastende Einfädler-Geschichte steckte er weg und konterte mit dem Erfolg im Nachtslalom von Schladming vor 45.000 Zuschauern. In der laufenden Saison zeigte er sich als Wunder an Konstanz.

Als Hirscher als Kind einmal Hermann Maier traf ("Ich dachte mir, das ist ein cooler Typ") konnte er nicht ahnen, dass er eines Tages mit dem Flachauer in einem Atemzug genannt werden wird. Maier wie Hirscher sind Söhne von Skilehrern, die auch im Elternhaus die Unterstützung für ihre Leidenschaft bekommen haben. Ferdinand Hirscher ist Skischulbesitzer aus Annaberg-Lungötz, früher bewirtschaftete er im Sommer die Stuhlalmhütte in 1.465 m Seehöhe, Marcel half mit.

Hirscher vertraut im Sport einem perfekte konstruiertem Umfeld, Freundin Laura ist Rückhalt im Privatleben. Auf den Pisten stets an seiner Seite ist der Vater, der sich als "Unterstützer und Optimierer" seines Sohnes bezeichnet. Ebenso wichtig sind Slalom-Coach Michael Pircher und Servicemann Edi Unterberger. Mit Stefan Illek hat die derzeit heißeste ÖSV-Aktie einen persönlichen Medienbetreuer, der für das gesamte Zeit-Management zuständig ist.

"Für mich gibt's Extrawürste", weiß Hirscher, fügte aber hinzu. "Ich mag prinzipiell auch keine Extrawürste. Aber wir sind erfolgreich damit, und dadurch gibt es auch keine Kritik. Es geht nicht um irgendwelche Sympathiepunkte, sondern um sportliche Erfolge". Das System Hirscher funktioniert.

(APA)

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