Volksbefragung: Häupl kann Kritik "nicht nachvollziehen"

Stadtrat Christian Oxonitsch (l.), Bürgermeister Michael Häupl (Mitte) und Stadträtin Sonja Wehsely werfen mediengerecht ihren Fragebogen ein.
Stadtrat Christian Oxonitsch (l.), Bürgermeister Michael Häupl (Mitte) und Stadträtin Sonja Wehsely werfen mediengerecht ihren Fragebogen ein.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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1,15 Millionen Wiener können seit Donnerstag auch in den Wahllokalen abstimmen. Eine heftig umstrittene Abstimmung biegt in die Zielgerade.

Viel wurde über sie debattiert, viel wurde dazu plakatiert: Die Wiener Volksbefragung ist am Donnerstag gestartet. Die Bewohner der Bundeshauptstadt sind bis Samstag aufgerufen, ihre Meinung zu den Themen Parkraumbewirtschaftung, Olympia-Bewerbung für 2028, Privatisierung kommunaler Dienstleistungen und Energieprojekte mit Finanzierungsbeteiligung der Bürger kundzutun. Die 52 Annahmestellen für die persönliche Stimmabgabe sind bis Samstag, 18 Uhr, geöffnet.

Wiener Volksbefragung

Von 7. bis 9. März bittet die Stadt Wien zur Volksbefragung über vier Themen: Parken, Privatisierungen, Olympia und Solarenergie. Mehr: Eine Übersicht, worum es dabei überhaupt geht – und was bei welchem Ausgang passiert.

Häupl stimmt ab

Der Stadt- und die Ressortchefs luden zu einem Medientermin am Rathausplatz, um dort ihre Kuverts in einen Briefkasten zu befördern. Häupl verteidigte bei dieser Gelegenheit die Befragung gegen Kritik der Opposition.  "Es tut mir leid, ich kann das nicht nachvollziehen", beteuerte Häupl. Es handle sich um keinen Missbrauch der direkten Demokratie.  "Es geht in Wien um absolute Zukunftsfragen", versicherte er. Er könne sich zum Beispiel nicht vorstellen, was daran falsch sei, wenn man frage, ob sich Wien für Olympische Spiele bewerben solle.

Die Regierung werde sich an das Ergebnis jedenfalls halten, versprach der Bürgermeister. Was passiere, wenn die Wiener zum Beispiel für Privatisierungen seien, wollte Häupl noch nicht verraten: "Dann unterhalten wir uns darüber, wenn es so weit ist."

Klage beim VfGH

Unabhängig, wie die Befragung ausgehen sollte, sie wird jedenfalls ein gerichtliches Nachspiel haben. Die NEOS-Partei will die Befragung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) anfechten. Die Beschwerde stützt sich auf eine Entscheidung des VfGH aus dem Jahr 2000, in der er festgestellt habe, dass die Fragen bei Instrumenten der direkten Demokratie klar und eindeutig sein müssen, um Missverständnissen soweit wie möglich vorzubeugen. "So wie Rot-Grün das machen, ruinieren sie diese Instrumente der direkten Demokratie", urteilte Parteivorsitzender Matthias Strolz.

Mayer: "Nahe am Missbrauch"

Verfassungsjurist Heinz Mayer glaubt nicht, dass die Befragung rechtlich problematisch ist. "Aber sie ist natürlich in manchen Punkten nahe am Missbrauch", erklärt Mayer im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag. Es würden Informationen über die Konsequenzen der Entscheidungen fehlen. Teile der Befragung seien mehr von taktischen Überlegungen geprägt, als einem Wissensbedürfnis der Politik geschuldet.

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Auch, dass noch gewählt werden kann, wenn erste Ergebnisse schon vorliegen, hält Mayer für ein "ganz großes Problem, auch ein rechtliches". Denn die Stimmzettel müssen lediglich vor dem 9. März ausgefüllt werden, können aber bis zum 18. März per Post in der Wahlbehörde einlangen. Es ist unmöglich, zu kontrollieren, wann der Zettel ausgefüllt wurde. "Wir werden uns bemühen, dass wir das das nächste Mal anders machen", erklärte der grünen Klubchef David Ellensohn. Auf Bundesebene wurden solche Nachfristen bereits abgeschafft.

Ursache Parkpickerl

Anlass der Volksbefragung war die Diskussion um die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung. Die ÖVP forderte vehement, das Volk zu dem Thema zu befragen und sammelte 150.000 Unterschriften dafür. Um der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen, kündigten Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) eine Volksbefragung an, zu der gleich mehrere Themen abgefragt werden sollen. Dass es jetzt keine Möglichkeit für die Wiener gibt, gegen das aktuelle Parkpickerl-System zu stimmen, sondern lediglich über Zuständigkeitsfragen, sorgt in der Opposition für einen Boykottaufruf - die FPÖ empfahl sogar, "die dümmlichen Stimmzettel der Altpapiersammlung zu überantworten." Die ÖVP riet dazu, nur die Parkpickerlfrage unbeantwortet zu lassen.

Erste Zahlen am Dienstag

Die Stadtregierung versucht, die Befragung zu einem Erfolg werden zu lassen. Der Klubchef der Grünen, David Ellensohn, appelliert: "Alle politischen Parteien sind gut beraten, direkte Demokratie auch bei der jetzigen Volksbefragung ernst zu nehmen statt unkonstruktive Kritik zu üben."

Ein erstes Ergebnis wird am kommenden Dienstag veröffentlicht. Dazu kommt die beschriebene mehrtägige Nachfrist bis 18. März. Das Endergebnis der Volksbefragung wird somit erst an diesem Tag feststehen. 1,15 Millionen Wiener dürfen ihre Stimme abgeben, schätzungsweise mehr als 90 Prozent davon per Briefwahl.

Zahlen zur Befragung

3 Befragungstage - 9 Tage Nachfrist
52 Annahmestandorte für die persönliche Stimmabgabe
40 zusätzliche Säulen-Briefkästen für Briefwähler
23 Bezirkswahlkommissionen zählen Stimmen aus
45.000 Kilogramm Papier für Informationsblätter und Stimmzettel
540 Arbeitsstunden zur Vorbereitung der Versendung
190Paletten zwecks Stapelung
13 Lkw für den Transport der Zettel zur Post
6,9 Millionen Euro Gesamtkosten
3,7 Millionen Euro davon für Information und Werbung

(klepa/APA)

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