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Das späte Wien-Debüt des Alan Parsons

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spaete WienDebuet Alan Parsons(c) EPA (Montserrat T. Diez)
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Einst Toningenieur der Beatles, hatte Alan Parson seinen kommerziellen Höhepunkt 1982. Etwas verspätet gastierte sein "Project" nun viel bejubelt im Wiener Gasometer.

Ausgerechnet jetzt kam er, da das Album selbst von der Musikindustrie torpediert wird. Parsons, Meister der Konzeptplatten, einer musikalischen Darreichungsform, die mit Woody Guthries „Dust Bowl Ballads“ schon in den 1940er-Jahren ihren Ausgang genommen hat. Nach Guthrie hat Frank Sinatra ebenfalls Liederzyklen, die einer einzigen Idee oder Stimmung entstammten, veröffentlicht. Von den Beatles über die Kinks bis hin zu Frank Zappa, alle haben irgendwann Konzeptalben ausgebrütet.

Aber Alan Parsons, einst Toningenieur bei den Beatles und bei Pink Floyd, hat dieses Genre gemeinsam mit Eric Woolfson bis in die letzten Möglichkeiten ausgereizt. Die beiden debütierten 1976 mit einer Vertonung von Kurzgeschichten von Edgar A. Poe. Danach schreckten sie vor nichts zurück: Das alte Ägypten, die Konsumkultur, Gaudi oder Sigmund Freud, Überwachung oder das Thema Frauen – alles wurde mit viel Mut zur Simplifizierung bearbeitet. Die schaurig-schönen Wirren der Welt standen demnach auch im Fokus des späten Wien-Debüts.

Kaleidoskopartige Reise

Es ging auch um Schönheit. Den Klängen der Keyboards und dem Flirren der Elektronik kam viel Bedeutung zu. Sie hatten das Bauschige, das mysteriös Flackernde zu illustrieren, das die wechselnden Szenarien miteinander verband. Mit „I Robot“, dem Titeltrack ihres einzigen genialen Albums, äugte Parsons gleich zu Beginn unnostalgisch in die Vergangenheit. Es wurde die erwartete kaleidoskopartige Reise durch bunt funkelnde Versatzstücke dieser seit zwei Jahrzehnten stagnierenden Karriere. Parsons selbst zeigte sich als Schöpfer herber Gitarrenrhythmen, süßer Keyboardharmonien und bei einigen Stücken wie „Nothing Left to Lose“ als ziemlich guter Sänger. Die Leadvocals bei den meisten Songs waren aber Angelegenheit des überraschend soulful intonierenden Paul Josef Olsson, dessen Stimmcharisma die ein wenig bombastischen Klangbilder überstrahlte. Erwähnenswert ist auch Todd Cooper, der klassisches Rocksaxofon à la Steve Douglas kredenzte. Für jene, die die paar grauenhaften, zu oft im Sportfernsehen eingesetzten Klänge wie „Sirius“, ausblenden konnten, war es ein schöner Abend.

Soulige Songs wie „Don't Let It Show“, „I Wouldn't Wanna Be Like You“ und „Eyes in the Sky“ waren die Highlights einer wunderbar antiquierten Show, die mit ausgestorben geglaubten, selig wimmernden Gitarrensoli („The Raven“) und herrlich naiver Erzählweise erfreute. Parsons Musik, die in ihrer populärwissenschaftlichen Bauart samt eingebautem aufklärerischen Gestus wie ein Äquivalent zu Johannes Mario Simmels Romanen anmutet, ist auch heute vergnügliche Volksbildung. Standing Ovations waren obligatorisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2013)

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