Urlaub: Arbeitsrechtler fordert Kulturwandel in Österreich

Arbeitsrechtler Mehr Jobs laengeren
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Experte Mazal kritisiert den Trend zum Kurzurlaub: Firmen würden erst dann neu einstellen, wenn Mitarbeiter drei oder vier Wochen am Stück weg sind.

Eine sechste Urlaubswoche, wie von SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer ins Gespräch gebracht, kann mehr Beschäftigung bringen - aber nur, wenn die Österreicher ihre Urlaubsgewohnheiten anpassen, sagte der Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal. Solange Urlaub, wie in Österreich üblich, in kurzen Tranchen konsumiert und bis zu drei Jahre lang aufgeschoben wird, entstünden keine neuen Jobs, sondern nur mehr Kosten und allenfalls mehr Arbeitsdruck.

In Deutschland dürfe man Urlaub nur mehr in Ausnahmefällen in das nächste Jahr verschieben, erinnert Mazal. In Österreich könne der Anspruch bis zu drei Jahre aufgehoben werden. Häufig würden letztlich Urlaube unter Umgehung des Gesetzes ausbezahlt, etwa über eine Sonderzahlung oder eine vorzeitige Vorrückung, im Zuge derer der nicht konsumierte Urlaub gestrichen wird. Wie viel Urlaubsanspruch die Arbeitnehmer angehäuft haben, habe man 2009 in der Wirtschaftskrise gesehen, als viele Firmen monatelang keine Kurzarbeit brauchten, weil sie noch Urlaube abbauen konnten.

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Bei Kurzabwesenheiten kein Druck

Im österreichischen Gesetz steht, dass Urlaub in zwei Teilen konsumiert werden kann, von denen einer mindestens eine Woche betragen muss. Unter Experten habe es eine lange Diskussion gegeben, ob das "mindestens zwei" oder "genau zwei" Teile bedeutet, erinnert sich Mazal, in der Praxis haben sich aber beliebig viele Kurzurlaube durchgesetzt. Bei so kurzen Abwesenheiten gebe es aber für den Arbeitgeber keinen Druck, Leute einzustellen. Vielmehr führe das zu Arbeitsintensivierung. Erst wenn eine Urlaubsphase drei oder vier Wochen dauere, würden Neuanstellungen in Betracht gezogen werden. Auf dieses Problem machte Mazal bereits im Vorjahr in einem Interview mit der "Presse" aufmerksam.

Damit Arbeitnehmer den ganzen Urlaub im laufenden Jahr konsumieren und dabei einmal mehrere Wochen am Stück wegbleiben, sei ein Kulturwandel nötig: Firmen müssen aufhören, ihre Mitarbeiterzahl so niedrig wie möglich zu halten und Mitarbeiter müssen einerseits lernen, ihren Job zu teilen und andererseits auf die lukrativen Überstunden zu verzichten. Auch dürfe ihnen vom Arbeitgeber nicht vermittelt werden, dass sie vielleicht gänzlich verzichtbar sein könnten, wenn das Unternehmen schon einmal vier Wochen ohne sie auskommt.

Problem Überstunden

Mazal erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass in Österreich auch 300 Millionen Überstunden gemacht werden - das ließe sich in fast 200.000 Jobs umrechnen. Wer mehr Arbeitsplätze wolle, müsse auch Überstunden abbauen. Das käme die Firmen sogar billiger und die Menschen hätten mehr Zeit zu regenerieren, aber auch das würde ein Umdenken im Betrieb erfordern.

Ohne Änderung der Urlaubskultur würde eine sechste Urlaubswoche nur zu mehr Kosten für die Unternehmen und womöglich zu mehr Arbeitsdruck führen, warnt Mazal. Wie hoch die Mehrkosten wären, könne aber niemand sagen. Da wisse in jedem Unternehmen nur die Personalabteilung Bescheid, vieles sei einzelvertraglich geregelt.

(APA)

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