Eine teure Fata Morgana in der Wüste von Jericho

Die von den Casinos Austria betriebene Spielbank Oasis im Westjordanland war eine Goldgrube – aber nur zwei Jahre lang.

Es war eine brillante Idee: Israel befand sich Ende der 1990er Jahre – wieder einmal – auf Friedenskurs, das Zusammenleben mit den Palästinensern entwickelte sich entspannt(er) und die Politik stand neuen Projekten wohlgesinnt gegenüber – vor allem, weil auch viel Geld in Form von Steuerabgaben für das Land in Aussicht war. Warum also nicht in Jericho, im palästinensischen Autonomiegebiet, ein Kasino bauen? Wo doch in Israel Glücksspiel verboten ist und betuchte Israelis daher die Kassen bis dato im Ausland klingeln ließen.

Martin Schlaff, der umtriebige Geschäftsmann und Investor aus Wien mit israelischen Wurzeln und blendenden Kontakten in die israelische und auch palästinensische Politik, brauchte nicht lange, um für diesen seinen Plan Partner zu finden. Seine damalige Hausbank Bawag trat als Financier auf und war mit zehn Prozent an der Projektgesellschaft CAP Tourism beteiligt, an der auch Schlaff selbst und eine palästinensische Holding Anteile hielten. 15 Prozent übernahmen die Casinos Austria, die das „Las Vegas“ in der Wüste nahe dem Toten Meer zum Blühen bringen sollten. Chef des Verwaltungsrats und Treuhänder der CAP war niemand Geringerer als Ex-FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger.

Biszu 3000 Gäste täglich. Nach drei Jahre dauernden, zum Teil mühsamen Verhandlungen wurde an dem biblischen Ort mit zehntausendjähriger Geschichte ein spiegelverglaster Palast aus dem Boden gestampft und daneben ein Fünfsternehotel errichtet. Stargast Claudia Schiffer erschien zwar nicht zur pompösen Eröffnung am 15. September 1998, aber das Oasis entwickelte sich von Anfang an zur großen Attraktion.

2000 bis 3000 Gäste sorgten täglich dafür, dass nicht nur die Kugel, sondern auch der Rubel rollte. Binnen kurzer Zeit entwickelte sich die Spielbank in der Wüste zur Goldgrube. Die Rede war von durchschnittlichen Tagesumsätzen von rund 700.000 Dollar. Der damalige Casinos-Austria-Chef, Leo Wallner, wälzte daher schon ein Jahr nach der Eröffnung des Oasis große Expansionspläne: Rund 300 Millionen Dollar sollten in eine zweite Spielbank mit Unterhaltungskomplex in unmittelbarer Nachbarschaft gesteckt werden. Ein Golfplatz, Shops und Restaurants sollten das Areal zusätzlich aufwerten.

Noch bevor der erste Spaten in den Sand gestochen wurde, stoppte die zweite Intifada nicht nur die Expansionsträume. Das Oasis wurde von einer israelischen Rakete getroffen und aufgrund der anhaltenden Unruhen im Oktober 2000 geschlossen. Jahrelang hofften die Casinos Austria auf eine Renaissance – vergebens. 13 Jahre nach der Schließung ist das Oasis nicht mehr als eine Fata Morgana.

Viele Jahre später sorgte das Projekt, das wie kein zweites in den Sand gesetzt worden ist, noch für große Schlagzeilen: Im ersten Bawag-Prozess kam das Kasino Jericho gleich mehrmals zur Sprache. Und zwar nicht gerade zum Vorteil der angeklagten Bawag-Manager. Die Bawag hielt, wie gesagt, zehn Prozent an der Oasis-Holding CAP. Dieses Aktienpaket stand mit fünf Millionen Dollar (damals gleich viel in Euro) in den Büchern der Bank.


Bawag wertete Anteil auf. Während die Casinos Austria ihre Beteiligung von 15 Prozent nach der Spielbankschließung ganz abgeschrieben hatten, hielt die Bawag die inzwischen völlig wertlos gewordenen Anteile – und wertete sie, wie im Prozess herauskam, 2001 auf 120 Millionen Euro auf. Dadurch sollten die durch Spekulationsgeschäfte in der Karibik entstandene Verluste gegengerechnet werden.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2013)

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