Forschungsfrage

Warum riecht das Meer so nach Meer?

AFP/SAMEER AL-DOUMY
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Endlich am Strand, eine sanfte Brise weht den Geruch des Meeres heran. Woher stammt der typische Meeresduft? Von Dimethylsulfid.

„Der Duft des Meeres“: Klingt poetisch und weckt Gedanken an Urlaub, Strand und Faulenzen. Aber was macht den Geruch der Meeresbrise aus? Das Wasser kann es nicht sein, denn H2O ist für menschliche Nasen nicht wahrnehmbar. Und aus der Küche wissen wir: Salz schmeckt man zwar, aber man riecht es nicht. Schon gar nicht die drei Esslöffel davon, die sich durchschnittlich in jedem Liter Meerwasser verteilen. „Verantwortlich für den typischen Duft ist Dimethylsulfid, ein schwefelhaltiges Gas“, erklärt Gerhard J. Herndl, Meeresbiologe an der Uni Wien. Auch diese organische Verbindung kennen wir vom Kochen: Sie entsteht unter anderem beim Erhitzen mancher Arten von Gemüse.

Dafür, dass sie auch im Meer vorhanden ist, sind v. a. bestimmte Algen verantwortlich, die im Wasser leben. „Um den Druck in ihren Zellen aufrechtzuerhalten und um zu verhindern, dass die Zellen kollabieren, produzieren diese Algen Dimethylsulfoniopropionat (DMSP)“, sagt Herndl. Algen sind nicht nur nützlich, weil sie klimaschädigendes CO2 binden, sondern sie dienen auch tierischem Plankton als Nahrung. Macht sich Plankton über sie her oder sterben sie ab, spalten die Algen im Todeskampf mithilfe von Enzymen das DMSP in Dimethylsulfid und Akrylsäure.

Natürliche Schwefelverbindung

Das Dimethylsulfid strömt zum Großteil in die Atmosphäre. Mit rund 20 Mio. Tonnen pro Jahr, die in die Luft gelangen, ist es dort die häufigste natürliche Schwefelverbindung. Es bildet Aerosole, regt die Wolkenbildung an und beeinflusst damit das Klima. Darüber hinaus hat es eine wichtige Aufgabe für viele Lebewesen im Ökosystem des Meeres: Manche Seevögel haben sich darauf spezialisiert, dem Duft von Dimethylsulfid zu folgen. „Die Fische, die das Plankton fressen, stellen eine Nahrung für Möwen dar und sind anhand der Duftspur leicht zu finden“, weiß Herndl.

Wir Menschen nehmen den Geruch auch wahr und reagieren mit positiven Assoziationen. Kein Wunder, dass die Parfumindustrie versucht, den Meeresduft nachzuahmen. Auch Raumsprays, Kosmetik- und Reinigungsprodukte sollen die Frische von Wellen und Brandung vermitteln. In fast allen dieser Erzeugnisse werden jedoch synthetisch hergestellte Aromen wie Helional oder Calone eingesetzt. In etlichen Lebensmitteln hingegen kommt „echtes“ Dimethylsulfid vor. Es verleiht unter anderem Kakao, Kaffee oder auch Bier wünschenswerte bzw. sortentypische Aromen.

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