Interview

Fanny Ardant: „Verlieben ist wie Sonnenbrand“

„Warum sollte man denn nicht auch eine Frau attraktiv finden, die älter ist? Früher war das längst nicht so unüblich wie heute. Schauen Sie nur auf die Literaturgeschichte“, meint die französische Schauspielerin Fanny Ardant.
„Warum sollte man denn nicht auch eine Frau attraktiv finden, die älter ist? Früher war das längst nicht so unüblich wie heute. Schauen Sie nur auf die Literaturgeschichte“, meint die französische Schauspielerin Fanny Ardant.Yohan Bonnet
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Im aktuellen Kinofilm »Im Herzen jung« verkörpert Fanny Ardant eine Frau, die sich in einen jüngeren Mann verliebt. Im Interview mit der »Presse am Sonntag« spricht die Französin über die Dreharbeiten, das Verliebt-Sein im Alter – und die immer gleichen Fehler.

Fanny Ardant, geboren 1949 in Saumur, als eine der Grandes Dames des französischen Kinos ungebrochen umtriebig, dreht Filme, spielt Theater oder inszeniert auch einmal selbst eine Oper.

Der Durchbruch gelang ihr spätestens in den frühen Achtzigerjahren an der Seite von Gérard Depardieu in „Die Frau nebenan“. Für die Rolle wurde sie erstmals für den französischen Filmpreis César nominiert, den sie inzwischen zweimal erhielt, zuletzt 2020.

Auch für ihre neue Rolle im Liebesdrama „Im Herzen jung“, der soeben in den österreichischen Kinos angelaufen ist, war sie wieder als Beste Hauptdarstellerin nominiert.

Frau Ardant, Ihr neuer Film „Im Herzen jung“ handelt von der Affäre einer älteren Frau mit einem jüngeren, verheirateten Mann. Was würden Sie sagen: Ist es im Alter schwieriger, sich noch einmal zu verlieben, einfach weil man bereits so viele Erfahrungen gemacht hat?

Fanny Ardant: Wenn es um die Liebe und Erfahrungen geht, sage ich immer, dass das ist wie mit einem Sonnenbrand. Selbst wenn man sich schon Dutzende Male die Haut verbrannt hat und weiß, wie unangenehm das sein kann, macht man die gleichen Fehler immer und immer wieder. Und auch in Sachen Liebe und Leidenschaft lernt man nicht wirklich dazu, glaube ich.

Man liebt nicht vorsichtiger oder weniger, nur weil man nicht mehr blutjung ist. Das sieht man ja auch an meiner Figur Shauna im Film. Die ist fast genauso verunsichert und verschämt wie ein Teenager, nur dass vieles davon nun eben an ihrem Alter statt an Unerfahrenheit liegt. Wobei es schon ein paar entscheidende Vorteile gibt, sich zu verlieben, wenn man schon ein wenig älter ist.

Welche denn?

Es stellen sich einfach einige Fragen nicht mehr. Es geht nicht mehr zwingend darum, ob man heiraten oder zusammenleben will, und definitiv muss man sich um das Thema Kinder keine Gedanken machen. Das hat etwas Befreiendes. Man kann also vielleicht im Alter seine Leidenschaft ein wenig freier ausleben.

Die Konstellation ältere Frau/jüngerer Mann ist in unserer Gesellschaft zwar vielleicht kein Skandal mehr, aber „Im Herzen jung“ ist natürlich auch eine Ehebruch-Geschichte. Da denkt man unwillkürlich an einen Ihrer erfolgreichsten Filme, Truffauts „Die Frau nebenan“ von 1981. Haben Sie da auch Parallelen erkannt?

Nein, eigentlich nicht. Sicherlich geht es in beiden Filmen um Liebe und Leidenschaft, aber da hört der Vergleich dann ja auch schon auf. Mathilde in „Die Frau nebenan“ sah am Ende den Tod als einzige Option. Shauna in „Im Herzen jung“ ist nun zwar auch nicht nur stark, sondern durchaus verletzlich, aber eben doch irgendwie fester im Leben verankert. Abgesehen davon steht dieses Mal eigentlich viel mehr der von Melvil Poupaud gespielte Mann im Fokus der Geschichte: Er ist als jüngerer, verheirateter Mann derjenige, der sich nicht den dominierenden Gesellschaftsvorstellungen unterwirft. Es ist ja seltsamerweise doch nach wie vor so, dass wir von einem Mann erwarten, dass er sich in jüngere Frauen verliebt.

Oft genug ist es ja auch so.

Sicherlich, aber vielleicht auch nur, weil das eben die Konventionen sind. Warum sollte man denn nicht auch eine Frau attraktiv finden, die älter ist? Früher war das längst nicht so unüblich wie heute. Schauen Sie nur auf die ­Literaturgeschichte. Von den griechischen Mythen um Phädra oder die Geschichte von Ödipus über Balzac bis hin zu einigen der großen russischen Romane – da gab es immer wieder jüngere Männer, die sich in ältere Frauen verliebt haben. Aber wir blicken auf solche Konstellationen immer noch, als sei es, wenn schon kein Skandal, dann doch mindestens unnormal.

Ist es für eine solche Rolle wichtig, sich seinem Counterpart menschlich nahe zu fühlen?

Ich kannte Melvil aus vielen tollen Filmen in verschiedenen Liebhaberrollen und hatte hohe Erwartungen an meine Begegnung mit ihm. Als wir uns dann erstmals gegenüberstanden, traf es mich wie ein Blitz. Ich war auf Anhieb hin und weg und spürte sofort, dass ich mich in seiner Nähe wohlfühlen würde. Was natürlich für eine intime Geschichte wie diese essenziell ist.

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