"Echte Arbeitslosenquote 60 Prozent höher als offiziell"

Echte Arbeitslosenquote Prozent hoeher
Echte Arbeitslosenquote Prozent hoeher(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Österreich hat die niedrigste Arbeitslosenquote in der EU. Trotzdem sei das Land kein Musterschüler, kritisiert der Verein "Aktive Arbeitslose" auf der "Internationalen Arbeitslosenkonferenz" in Wien.

Österreich hat die niedrigste Arbeitslosenquote in der EU. Dennoch gebe es wenig Grund zur Freude. "Österreich ist sicher kein Musterschüler", so Martin Mair, Obmann des Vereins "Aktive Arbeitslose", bei einer Pressekonferenz heute, Donnerstag. Europaweit werden Sozialsysteme abgebaut, Arbeitslose verlieren ihre Sicherheitsnetze, der Konkurrenzkampf wird immer härter, klagte Mair. Um für diese Probleme zu sensibilisieren, findet heute die "Erste Wiener Internationale Arbeitslosenkonferenz" (zur Homepage) statt.

Die nackten Zahlen sprechen jedenfalls für Österreich. Hierzulande liegt die Arbeitslosenquote nach Eurostat-Berechnung bei rund fünf Prozent. Zuletzt waren im März 366.277 Menschen arbeitslos gemeldet. In Spanien und Griechenland ist dagegen mehr als jeder Vierte ohne Job.

Viele fallen aus Arbeitslosenzahlen heraus

Mair traut diesen Zahlen nicht. Sie seien unvollständig. In die Statistik kommen nämlich nur jene, die sich arbeitssuchend gemeldet sind. "Kranke, Gesperrte, Menschen die unbezahlt arbeiten - die fallen alle aus den Zahlen", sagte Mair. Die "echte" Arbeitslosenquote schätzt er um 60 Prozent höher als die offiziellen Zahlen. Davon abgesehen gebe es Tausende von Menschen, die mit ihrem Job unzufrieden sind und eigentlich auch auf Jobsuche sind.

Allerdings ist die EU-Berechnungsmethode für die Arbeitslosenquote überall gleich. Was für Österreich gilt, gilt daher auch in Ländern mit höheren Arbeitslosenzahlen. Wo kann man sich also etwas abschauen? Wer macht es besser als Österreich? "Es handelt sich um Grundprobleme des kapitalistischen Systems. Die gelten überall", so Mair.

Vor der Krise waren Sozialsysteme gerechter

Helga Spindler von der Universität Duisburg-Essen wüsste, wo es Best-Practice Beispiele gibt. "Man braucht nur in unsere jüngere Vergangenheit schauen", so die Sozial- und Arbeitsrechtlerin. Vor der Krise waren die Sozialsysteme gerechter, die Arbeitslosenversicherung sorgte für mehr Stabilität, so Spindler. Der Versuch, Mindestlöhne zu kippen, sei nur einer von vielen Versuchen, die Sicherheitsnetze weiter abzubauen.

Organisationen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Großbritannien nehmen an der ganztägigen Konferenz teil.

(APA)

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