Der Kiosk kommt aus Persien, woher kommt die Trafik?

Für die deutsche „Welt“ ist eine Trafik „eigentlich ein Tabakladen“. Über die Etymologie gibt es zwei Theorien. Eine kleine Wortweltreise.

Und was macht das österreichische Feuilleton?“, fragte Marc Reichwein am Dienstag in der „Welt“: „Böse Zungen behaupten zwar immer gern, so etwas gäbe es gar nicht.“ Nun, was böse Zungen zwar immer gern behaupten, wollen wir zwar immer nicht so gern wissen, aber wir antworten offensiv unbeleidigt: Das österreichische Feuilleton liest z.B. gelegentlich das deutsche Feuilleton, natürlich im Kaffeehaus, wie es sich für unsereins gehört.

Etwa den Reichwein, wenn er entdeckt, dass es in Österreich Trafiken gibt: „Eine Trafik ist eigentlich ein Tabakladen“, erklärt er hilfsbereit, um die dem Deutschen fremden Orte später genauer zu beschreiben: „Dunkle, kleine Kammern“, in denen es „nach Tabak riecht, manchmal auch nach Trafikant. In jedem Fall nach kleiner Hoffnung auf das große Glück.“

Das mag poetisch sein, inspirierender ist die Ableitung des Wortes, die Reichwein gibt, sich auf Roland Girtler berufend: Die Trafik stamme vom arabischen „tafriq“, was „Verteilen“ oder „Kleinverkauf“ bedeutet. Klingt schön, passt auch gut zum Kaffee, der ja über das türkische „kahve“ vom arabischen „qahwa“ abstammt. Das „Kleine Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft“ behauptet, dass auch das italienische „traffico“ (Handel) und das französische „trafic“ von „tafriq“ kommen, dazu schreibt es geheimnisvoll: „Das arabische Wort wird mit dem zu diesem Zweck ersonnenen lateinischen Wort ,raficere‘ (,übermachen‘) vermischt.“

Stammt also sogar das englische Wort „traffic“ (Verkehr), das doch wohl mit „trafic“ und „traffico“ verwandt ist, aus dem Arabischen? Möglich wäre es. Aber z.B. das „Online Etymology Dictionary“ und das Wiktionary leiten diese Wörter vom (nicht belegten) vulgärlateinischen Wort „transfricare“ ab. Das heißt „über etwas reiben“, davon könnte die Bedeutung „angreifen“ und dann „handeln“ (das ja auch von der Hand kommt) kommen. Dafür spricht, dass „traffico“ schon im 14. Jahrhundert und „traffic“ um 1500 belegt sind. Etymologisch interessierte Leser, bitte um Amtshilfe.

Und der Kiosk? Er ist gewiss nicht das exakte Pendant zur Trafik, wenn auch verwandt. Aber er hat eine (mindestens) genauso lange Wortgeschichte: Er kommt über das im 18.Jahrhundert entlehnte französische „kiosque“, das italienische „chiosko“ und das türkische „kyöšk“ („Gartenpavillon“) aus dem mittelpersischen „gōše“ („Winkel, Ecke“). Auch wenn es in ihm nicht nach kleiner Hoffnung auf das große Glück riechen mag, es riecht nach weiter Welt. Danke, deutsches Feuilleton, für die Anregung zu diesem Ausflug.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2013)

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