Kosovo: „Nicht unter der Flagge Großalbaniens“

Kosovo
Kosovo (c) EPA (ALEKSANDAR PLAVEVSKI)
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Belgrad droht mit Zudrehen des Geldhahns, doch Kosovo-Serben blockieren Abkommen weiter.

Belgrad/Ros. Der befürchtete Tomaten- und Eierhagel blieb dem hohen Gast aus Belgrad bei seiner Stippvisite im serbisch besiedelten Nordwestzipfel des Kosovo zu Wochenbeginn zwar erspart. Doch obwohl Serbiens starker Mann, Vizepremier Aleksander Vučić, nachher von einer „Annäherung der Standpunkte“ sprach, endete sein Blitzbesuch in der Exprovinz ergebnislos: Die Kosovo-Serben im Norden lehnen das mit Prishtina erzielte Abkommen über eine Selbstverwaltung der Minderheit weiter resolut ab.

Das Ende April auf Druck der EU zustande gekommene Abkommen sei „unannehmbar“, bekräftigte am Dienstag Dragiša Milović, Bürgermeister der Gemeinde Zvećan: „Wir wollen keinen zweiten Staat. Wir haben Vučić klar gesagt, dass wir uns nicht in die Strukturen des Kosovos einfügen und nicht unter der Flagge Großalbaniens leben werden.“

„Ob mit oder ohne euch, wir werden das Abkommen umsetzen“, droht Vučić mit dem Zudrehen des Geldhahns. Doch ohne ein Minimum an Kooperation der Kosovo-Serben im Norden scheint die Implementierung unmöglich.

Belgrad läuft die Zeit davon

Für ihr als „historisch“ gepriesenes Abkommen haben Kosovo und Serbien zwar weltweit Schulterklopfen eingeheimst. Doch nur, wenn es auch umgesetzt wird, kann sich Belgrad Hoffnung auf einen Termin für EU-Beitrittsverhandlungen machen. Nicht nur, dass die Kosovo-Serben weiter blockieren: Belgrad und Prishtina interpretieren das Papier auch völlig unterschiedlich. Während der ersten Treffen, bei denen die praktische Umsetzung erörtert werden sollte, warfen sich beide Seiten vor, diese verzögern oder gar verhindern zu wollen.

Serbien läuft die Zeit davon. Im Juni soll ein EU-Gipfel über den Beginn der Beitrittsverhandlungen befinden: Vor allem Berlin hat aber deutlich gemacht, sich nur an vollzogenen Taten und nicht an geduldigem Vertragspapier orientieren zu wollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2013)

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