GmbH neu: Experte fürchtet mehr Pleiten

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Die Senkung des Stammkapitals löst Probleme von Gründern nicht, sagt KSV-Experte Kantner. Er befürchtet "um einige hundert" mehr Pleiten

Wien/Eid. Wenn nach dem Wunsch von Justizministerin Beatrix Karl und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP) mit 1. Juli die Novelle zum Gesellschaftsrecht in Kraft tritt, mit der das Stammkapital für eine GmbH von 35.000 auf 10.000 Euro gesenkt wird, wird das Gründen einer Firma einfacher. Das ist die positive Seite. Die negative Seite der Medaille ortet Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV): Mehr Gründungen werde es nicht geben, aber „um einige hundert“ mehr Pleiten, sagte er am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Die Wirtschaftskammer befürworte die Novelle, weil sie laut Kantner auf mehr Mitglieder hoffe.

Denn werde statt eines Einzelunternehmens eine GmbH gegründet, gehe im Insolvenzfall oft nicht nur die Kapitalgesellschaft pleite, sondern auch der Eigentümer in Privatkonkurs, weiß Kantner aus der Praxis. „Ich sehe in der Senkung des Stammkapitals keinen Sinn“, sagte er. Zumal sich das Bedrohungsszenario der vermeintlich billigen, importierten Unternehmensform „UK-Limited“ inzwischen als Chimäre erwiesen habe.

Kantner warnte davor, das Stammkapital mit der notwendigen Kapitalausstattung zu verwechseln, vor allem, wenn es jetzt zur Absenkung komme. „Wie viel Geld eine Firma braucht, hängt vom Geschäftsmodell und der Branche ab.“ Seine Faustregel: Ein Gründer sollte so viel Rücklagen haben, dass er zumindest ein Jahr lang seine Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung stellen kann.

Privatkonkurs ohne Quote?

Der Plan zur Senkung des Stammkapitals ist nicht nur Kantner, sondern vielen Rechtsexperten noch aus einem anderen Grund ein Dorn im Auge: Weil es mehr Insolvenzen geben könnte, wird im Sozialministerium über eine Abschaffung der Mindestquote im Privatkonkurs nachgedacht. Die zehnprozentige Quote hält Kantner aber gleich aus mehren Gründen für wichtig und sinnvoll: In 80 Prozent der Verfahren erhielten die Gläubiger zumindest zehn bis 15 Prozent ihres Geldes. In Deutschland, wo es die Quote nicht gibt, werden die Gläubiger nur in zehn bis 15 Prozent der Fälle bedient. Deshalb werde in Deutschland schon lange eine Änderung verlangt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2013)

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