Werner Faymann hätte da einen Vorschlag

Man muss die Forderungen feiern, wie sie fallen. Die SPÖ zieht mit der Bankensteuer in den Wahlkampf. Dabei zeigt sich die schwierige Unterscheidung zwischen parteipolitisch gut - und politisch gut.

Werner Faymann macht es einem nicht leicht in der Planung und Produktion einer „Guten Presse“, einer Ausgabe, in der die Journalisten einmal ausnahmsweise versuchen, die Welt von der positiven Seite zu sehen. Faymann will – pünktlich zu seinem Wahlkampfauftakt – eine Verlängerung der Bankenabgabe, um damit die staatlichen Kosten der aus seiner Sicht endgültig gescheiterten Hypo-Alpe-Adria-Rettung zu zahlen. Versuchen wir es also von der positiven Seite: Faymann formuliert einen eigenen Vorschlag. Immerhin.

Aus Sicht der SPÖ hat dies bei den Nationalratswahlen einen positiven Effekt. Oder besser: Es hat einen nicht ganz so positiven für die ÖVP, wenn sie sich dagegenstellt. Denn wer dieser Tage für Banken argumentiert, macht sich nicht beliebt. Herbert Stepic und seine steuerschonenden Immobilientransaktionen in Singapur passten da zeitlich perfekt zu Faymanns Bankenansage.

Aber denken wir positiv. Für die ÖVP bietet sich die großartige Chance zu beweisen, dass sie die Wirtschaftspartei ist, von der sie immer gern spricht. Dass es ihr nicht um den Applaus der Boulevardzeitungen und um ein paar Prozentpunkte in den Umfragen, sondern um eine inhaltliche Linie geht. Und diese stellt sich – natürlich grob vereinfacht – so dar: Wenn die Banken weiter Krisensteuer zahlen sollen, werden sie dieses Geld irgendwoher nehmen müssen. Da solche Unternehmen im Regelfall steigende und nicht sinkende Profite erwirtschaften wollen, werden sie das Geld auch finden. Etwa bei den Bankkunden. Da alle Geldinstitute betroffen sind, haben sie wenig Ausweichmöglichkeiten. Die Bankenabgabe als versteckte Massensteuer. Und: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Abgabe den viel besungenen Wirtschaftsstandort stärkt, ist alles andere als groß. Aber mit dem heute ausgerufenen Optimismus wollen wir festhalten: Die ÖVP, die die Finanzministerin stellt, will in die ganze Diskussion einfach nicht einsteigen. Das ist zwar nicht ganz so gut, wie – wie eben beschrieben – die Wahrheit zu sagen, birgt aber auch das Risiko, strategisch auf der Strecke zu bleiben.

Und an diesem Punkt wird es gefährlich: Politikjournalisten tendieren dazu, parteipolitisch mit politisch gut zu verwechseln. Wenn eine Maßnahme – sagen wir wie diese Steuer – etwa der SPÖ hilft, schenkt man ihr schon einmal „gut“. Dabei ist es im besten Fall schlau, gerissen und zynisch nützlich, rein inhaltlich bleibt es einfach falsch. Das hat damit zu tun, dass dieser Tage immer häufiger die mediale Performance als die eigene Überzeugung zählt. Die Vergabe von Haltungsnoten ersetzt die Positionierung.

Dieser Widerspruch lässt sich auch an Norbert Darabos schön festmachen. Über Monate wurde er als Verteidigungsminister in Medien – auch in diesem – kritisiert, angegriffen und für rücktrittsüberreif erklärt. Kaum tat er dies und wechselte ins wenig elegante Büro des Bundesparteivorsitzenden der SPÖ, brach an den gleichen journalistischen Stellen Jubel aus: Der Profi kehrt zurück! Dass der erfolgreiche Wahlkampf von Norbert Darabos 2006 einer der eher schmutzigen Sorte war, was Innenpolitikschilderer sonst gern als Grund für Politikverdrossenheit angeben, war nicht so wichtig. Dass damals erfundene private Details über Politiker verwendet wurden – Schwamm drüber! Zeitgleich wird Gerald Klug als neuer Verteidigungsminister nach ein paar Truppen- und Kantinenbesuchen mit so viel Vorschusslorbeeren ausgezeichnet wie Sebastian Kurz erst nach ein paar Wochen als netter Junior-Innenminister. Dieses Neustartprogramm sollte anderen Hoffnung geben: Auch Nikolaus Berlakovich hat demnach noch eine Chance.

Soll heißen: Wir sollten Politiker nicht besser darstellen, mehr feiern oder nachsichtiger behandeln. Auch nicht sanfter fragen oder ihre Phrasen ernster nehmen. Aber vielleicht das erste schnelle Urteil noch einmal überdenken, die bisher veröffentlichte Meinung immer wieder hinterfragen und nicht bei jedem Sautanz mithüpfen.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2013)

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