Stahlindustrie: Eine Milliarde Umsatz mehr pro Jahr

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Voestalpine(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Der Linzer Konzern Voestalpine setzt auf Spezialstähle und deren Verarbeitung zu Industriegütern. Neue Werke entstehen nur außerhalb Europas.

Wien/Eid. Erstmals mehr als fünf Mrd. Euro Eigenkapital und eine Mrd. Euro in der Kassa. Da kann man nicht nur die Dividende von 80 auf 90 Cent erhöhen – da fällt einem schon mehr ein. Voestalpine-General Wolfgang Eder weiß genau, was er vorhat: Bis 2020 soll der Umsatz auf 20 Mrd. und das Betriebsergebnis auf 1,8 Mrd. Euro geschraubt werden, wobei jeweils die Hälfte aus eigener Kraft und aus Zukäufen kommen soll. Auf Basis des Geschäftsjahres 2012/13 (Ende März) – 11,524 Mrd. Euro Umsatz und 853,6 Mio. Euro Betriebsergebnis – ist das ein ambitioniertes Ziel, bedeutet es doch eine Mrd. Euro Umsatz mehr pro Jahr. „Das ist zu schaffen – wenn es keinen neuen Konjunktureinbruch gibt“, sagte Eder am Mittwoch.

Die Anleger glaubten dem Voest-Chef, obwohl er heuer nur von einem stagnierenden Umsatz und Ergebnis ausgeht. Die Voest-Aktie stieg um gut acht Prozent.

Hochöfen werden erneuert

Abgesehen von Instandhaltungen und Reparaturen – der größte Brocken ist die Erneuerung aller drei Hochöfen in Linz – investiert die Voest nur mehr im Ausland. Da wiederum steht nicht mehr Europa, sondern Nord- und Südamerika (Brasilien), China, Südafrika und die Türkei im Fokus.

Die bisher größte Auslandsinvestition der Voest mit 550 Mio. Euro, das Werk zur Herstellung von Eisenbriketts in Texas, das Ende 2015 in Betrieb geht, bildet auch eine Ausnahme, was die strategische Ausrichtung des Konzerns betrifft. „Wir sind kein Stahlproduzent, sondern machen aus Spezial- und Edelstahl und anderen Werkstoffen hochwertige Industriegüter“, lautet Eders Credo. Die Voest erlöst derzeit 33 Prozent des Umsatzes mit Stahl, 2020 sollen es nur noch 25 Prozent sein. „Stahl wird immer unsere Basis sein“, sagt Eder. Aber die Zukunft liege in innovativen Produkten vor allem für die Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie die Energiewirtschaft. Zur Sparte Mobilität gehören auch Schienen und Hochgeschwindigkeitsweichen. Die Bauwirtschaft etwa habe indes deutlich an Bedeutung verloren.

Mit diesem Konzept hat sich die Voest von Massenstahlproduzenten wie ArcelorMittal und ThyssenKrupp abgekoppelt, die hohe Verluste schreiben. Sie gehören zu jenen Konzernen, die die längst notwendige Strukturbereinigung in Europas Stahlindustrie am stärksten treffen dürfte. Denn die Branche leidet in Europa unter massiven Überkapazitäten, die Eder, der auch Präsident des Europäischen Stahlverbands Eurofer ist, auf rund 50 Millionen Tonnen schätzt. Das entspricht etwa zehn Standorten, die geschlossen werden müssen. Die Folge sei ein Preisverfall bei Massenstahl, weil die Konzerne jeden Preis akzeptierten, um ihre Hochöfen halbwegs am Laufen zu halten, erzählte Eder. Von dieser Abwärtsspirale habe sich die Voest großteils abkoppeln können.

Schienenkartell: Vorsorge reicht

Nicht ausklinken kann sich die Voest indes von den Kartellverfahren in Deutschland bezüglich Preisabsprachen bei Schienen. Wie berichtet ist die Voest mit einer Strafe von 8,5 Mio. Euro glimpflich davongekommen. Kürzlich gab es auch einen Vergleich mit der Deutschen Bahn, über die Höhe herrscht Stillschweigen. Noch ausständig ist die Einigung mit kommunalen Verkehrsbetrieben, die von den „Schienenfreunden“ ebenfalls zu teuer beliefert wurden. Die für alle Verfahren und die Schließung des Schienenwalzwerks Duisburg zurückgestellten 205 Mio. Euro reichten laut Voest-Finanzvorstand Robert Ottel aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2013)

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