Regina Anzenberger: "Eine wahnsinnig spannende Zeit"

Die Fotogaleristin in der Ankerbrotfabrik tut sich schwer, einen Liebling zu nennen. Und nimmt den nächsten im Programm.

„Schlüsselbilder im Sinn einzelner Fotografien habe ich keine, das verändert sich permanent“, seufzt Regina Anzenberger. Schlüsselerlebnisse auf ihrem Weg zur eigenen Fotogalerie, die sie 2002 gegründet hat, kann sie schon eher aufzählen: Ihre erste Fotoausstellung, Henri Cartier Bresson im „20er Haus“. Oder ihr erster Besuch, im Alter von 21, bei der legendären Fotoagentur „Magna“ in Paris, wo sie zufällig den österreichischen Magna-Fotografen Erich Lessing und seine Tochter Hannah Lessing traf. „Eine Verbindung, die bis heute geblieben ist.“

Freut sie sich. Und wählt als „Lieblingsbild“ eines ihrer Herbstausstellung – „das nächste ist immer das beste“. Gezeigt wird eine 50-teilige Serie von Klaus Pichler, 1977 im steirischen Judenburg geboren. Es sind sozusagen doppelt moralisierende Stillleben – ist dieses Genre an sich schon ein Symbol des Verfalls der materiellen Welt, ein Memento mori, toppt Pichler diese historische Bedeutung noch drastisch: Indem er verschiedene Lebensmittel über Wochen tatsächlich verfaulen ließ, und sie erst dann fotografierte. Altmeisterlich inszeniert in passendem Geschirr, das er auf Flohmärkten oder per Internet gefunden hatte.

„Das Stillleben feiert zur Zeit überhaupt eine Renaissance“, bemerkt Anzenberger. Pichler aber schaffe durch die Verwendung einfacher Lebensmittel wie Brot, Obst, Fleisch zusätzlich noch einen aktuellen Bezug, auf den auch der Titel „One Third“ hinweist – denn weltweit wird ein Drittel des Essens weggeschmissen. Wichtig ist Pichler in seiner Arbeit immer die technische Perfektion, als gelernter Landschaftsarchitekt will er sich wohl nichts nachsagen lassen.

Crossover ist aber an sich gerade eine Tendenz, die Anzenberger feststellt: „Es ist gerade eine wahnsinnig spannende Zeit in der Fotografie, sie vermischt sich im Moment wieder stark mit anderen Medien, in Amerika sieht man das besonders.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2013)

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