Nach der Kritik aus Moskau will der US-Präsident seinem russischen Amtskollegen "alle Beweise" für Assads Chemiewaffen-Einsatz vorlegen.
US-Präsident Barack Obama will dem russischen Staatschef Wladimir Putin beim Gipfel der acht großen Industriestaaten (G-8) ab Montag detaillierte Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen im Syrien-Konflikt präsentieren. Obama werde seinem Amtskollegen "alle seine Beweise" vorlegen und "die Gründe nennen, warum wir uns so sicher sind", kündigte eine Sprecherin des US-Außenministeriums am Freitag (Ortszeit) an. Die Vereinigten Staaten hätten ihre Schlüsse auf Basis einer Vielzahl "unabhängiger Informationen" gezogen, versicherte Behördensprecherin Jennifer Psaki.
Das Weiße Haus hatte am Donnerstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mitgeteilt, dass syrische Regierungstruppen im vergangenen Jahr mehrmals "in geringem Umfang" Chemiewaffen im Bürgerkrieg eingesetzt hätten. Washington will die Rebellen nun auch militärisch unterstützen, ließ die Details dazu aber offen. Nach Angaben von Diplomaten erwägen die USA, den Rebellen auch durch eine Flugverbotszone zu helfen. Russland, ebenfalls Mitglied der G-8 und wichtigster Verbündeter der syrischen Regierung, kritisierte die Ankündigung. "Was von den Amerikanern präsentiert wurde, erscheint uns nicht überzeugend", sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow am Freitag zu den Chemiewaffenvorwürfen.
Keine Wiederholung der Fehleinschätzung
Psaki deutete jedoch indirekt an, dass sich eine Fehleinschätzung wie vor der Militärinvasion im Irak 2003 nicht wiederholen werde. Damals hatten die USA ihre Intervention im UN-Sicherheitsrat mit Massenvernichtungswaffen in den Händen des irakischen Machthabers Saddam Hussein begründet, gefunden wurden diese später aber nie. "Ich erinnere Sie daran, dass der Außenminister (John Kerry) und der Präsident (Obama) - natürlich in unterschiedlichen Funktionen - an den damaligen Debatten um den Irak teilgenommen haben", sagte die Sprecherin. Beide Politiker hatten sich damals vehement gegen den Militäreinsatz ausgesprochen.
Obama beriet am Freitagabend in einer einstündigen Videokonferenz mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande, Großbritanniens Premierminister David Cameron und Italiens Ministerpräsident Enrico Letta über das weitere Vorgehen im Syrienkonflikt. Die Staats- und Regierungschefs hätten über verschiedene Themen des am Montag beginnenden G8-Gipfels in Nordirland beraten. Schwerpunkte ihres Meinungsaustauschs seien die Lage im syrischen Bürgerkrieg und die Entwicklung in Libyen gewesen, sagte eine Sprecherin der deutschen Bundesregierung.
Syrische Offiziere setzen sich in Tükei ab
Unterdessen haben sich nach türkischen Angaben mehr als 70 Offiziere der syrischen Regierungstruppen über die Grenze ins Nachbarland Türkei abgesetzt. Binnen 36 Stunden hätten 70 Offiziere, darunter sechs Generäle und 22 Oberste, die Grenze überquert, sagte ein Regierungsvertreter am Samstag in Ankara der Nachrichtenagentur AFP. Dies sei offenbar eine Reaktion auf die Ankündigung der USA, die Rebellen künftig militärisch zu unterstützen.
Die Vereinten Nationen haben die Regierung Syriens aufgefordert, unabhängigen Ermittlern freien Zugang zu dem Bürgerkriegsland zu gewähren. Damaskus müsse mit der vom UN-Menschenrechtsrat berufenen Expertenkommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen kooperieren, verlangte das Gremium in einer am Freitag in Genf verabschiedeten Resolution.
Zugleich werden darin Massaker an der Zivilbevölkerung scharf verurteilt. Alle Konfliktgegner werden zudem aufgefordert, Mädchen und Frauen vor Vergewaltigungen zu schützen. Das UN-Gremium verlangt erneut die Bestrafung der Verantwortlichen für Kriegsverbrechen. Dem Syrienkrieg sind laut UN bisher mehr als 93.000 Menschen zum Opfer gefallen.
(APA/AFP/Reuters/dpa)