"Üble Manipulation": Eklat um EU-Riesenbudget

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Der Chefverhandler des EU-Parlaments weist Berichte über eine Einigung auf den Finanzrahmen 2014 bis 2020 zurück - und wirft das Handtuch.

Nach monatelangem Ringen vermeldete die irische Ratspräsidentschaft am Mittwochabend den Durchbruch: EU-Parlament und Regierungen der Mitgliedsstaaten hätten sich auf den EU-Finanzrahmen 2014 bis 2020 geeinigt. Doch der Berichterstatter des Europaparlamentes für die Finanzplanung, Reimer Böge, überraschte am Donnerstag mit einem Dementi: Es gebe keine Einigung. Zugleich kündigte Böge seinen Rücktritt an und attackierte die irische Ratspräsidentschaft: Die Äußerungen des Außenministers und EU-Ratspräsidenten Eamon Gilmore über den Verlauf der Verhandlungen seien "eine ziemlich üble Manipulation der Präsidentschaft". Böge soll während einer Sitzung auch von einer glatten "Lüge" gesprochen haben. Er könne das, was die irische Ratspräsidentschaft am Mittwochabend als Einigung darstellte, dem Parlament nicht zur Zustimmung empfehlen, sagte der deutsche CDU-Politiker.

Auch der Chef der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, wies Berichte über eine angebliche Einigung zurück: "Es ist klar, dass es zum jetzigen Zeitpunkt keine Einigung seitens des Europäischen Parlamentes gibt." Er kritisierte eine "Erpressung" seitens der EU-Staaten. "Wir bedauern zutiefst, dass der Rat dem Europäischen Parlament nicht mehr entgegengekommen ist in dem, was die Anforderungen für die Bürgerinnen und Bürger der EU sind. Der Erhalt eines effizienten und angemessen finanzierten Pakets für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit bleibt die oberste Priorität, neben einer echten Flexibilität, um in vollem Umfang die versprochenen Mittel aus dem EU-Haushalt zu verwenden."

"Unglaublich"

Unzufriedenheit herrschte auch in anderen politischen Fraktionen. EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas (ÖVP) übte massive Kritik am Verhandlungsstil der Regierungen: "Der Rücktritt des Verhandlungsführers des Parlaments ist ein Aufschrei und ein Alarmsignal, dass wir mit diesem Stil und diesen Inhalten die zukünftigen Herausforderungen der EU nicht bewältigen können", sagte Karas am Donnerstag. Und die deutsche Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner beklagte auf Twitter: Die "EP-Verhandler haben zugestimmt ohne auch nur einmal über den Inhalt verhandelt zu haben. Unglaublich."

Am Mittwochabend hatte die irische Ratspräsidentschaft vermeldet, dass sich EU-Parlament und Regierungen auf eine Ausgaben-Obergrenze von 997 Milliarden Euro für den nächsten siebenjährigen Finanzrahmen (2014 bis 2020) verständigt hätten. in der Periode 2007 bis 2013 war die Obergrenze mit 1,034 Billionen Euro noch höher gelegen. Doch zahlreiche Mitgliedsländer wie Deutschland und Großbritannien drängten auf eine Kürzung der Ausgaben.

"Es ist wichtig, dass wir diese Einigung erreicht haben", sagte der irische Außenminister Eamon Gilmore wörtlich. Nun liegen die Verhandlungen aber auf Eis und die Nerven blank. Nach Böges Rücktritt ist das weitere Vorgehen unklar. In EU-Parlamentskreisen ging man am Donnerstag davon aus, dass die Verhandlungen mit den EU-Staaten erst unter litauischem EU-Vorsitz im Juli fortgesetzt werden.

(APA/dpa)

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