Neben dem neuen Mafia-Paragrafen kämpften die schwarzen Landwirte auch gegen das Verbot umstrittener Pestizide.
Begeistert ist man in der Volkspartei nicht über den „Presse“-Bericht (Mittwochsausgabe), laut dem reformorientierte ÖVP-Abgeordnete versuchen wollen, den Bauernbund zur Novelle des Mafia-Paragrafen zu überreden. Jetzt, wo das in der Zeitung stehe, werde es ja noch schwerer, die Bauernbündler bei der Sitzung des Parlamentsklubs am heutigen Donnerstag zu überzeugen, heißt es. Und dass die Landwirte die Konfrontation suchen, zeigte sich am Mittwoch bei einem anderen Thema: Bauernbundchef Jakob Auer erklärte vor dem Landwirtschaftsausschuss, dass er gegen ein Totalverbot von Neonicotinoiden, die von Umweltschützern für das Bienensterben verantwortlich gemacht werden, sei.
Im Ausschuss stimmte die ÖVP dann aber einem Entschließungsantrag zu, Neonicotinoide als Beizmittel zu verbieten. Der gestrige Tag ist somit der vorläufige Schlusspunkt unter einer langen Geschichte. Begonnen hatte alles damit, dass Bauernbündler Nikolaus Berlakovich auf EU-Ebene gegen ein Verbot der Neonicotinoide auftrat. Um nach öffentlichem Druck doch eine strengere, nationale Regelung in Aussicht zu stellen. Aber vor dem gestrigen Ausschuss versteifte sich der Bauernbund wieder auf den EU-Beschluss und betonte, dass man nicht mehr verbieten dürfe als die Union. Denn es würden Beweise über die Schädlichkeit der Pestizide fehlen. Hinter dem Ping-Pong-Spiel stehen Machtkämpfe: Der Bauernbund will seine Krallen zeigen, zumal er ein knappes Drittel der 51 ÖVP-Abgeordneten im Nationalrat stellt. Und das, obwohl nur fünf Prozent der erwerbstätigen Österreicher Bauern sind. Die Stärke der Landwirte in der ÖVP geht auf längst vergangene Jahrzehnte zurück, als noch viele Österreicher im Agrarbereich tätig waren. Doch in der nach Bünden gegliederten ÖVP blieben die Bauern mächtig. Aber bei den Bienen, die in der Öffentlichkeit breite Sympathie genießen, wollte die ÖVP nicht erneut ins Fettnäpchen treten.
Bleibt der Kampf um den Mafia-Paragrafen. Hier fürchten die Bauern, dass Tierschützer nach einer Novelle nicht mehr in die Schranken gewiesen werden können. Denn der § 278a StGB (Kriminelle Organisation) soll laut Reformplan nur noch gelten, wenn sich jemand bereichern möchte. Dabei zeigte der Wiener Neustädter Prozess, dass der Paragraf schon jetzt nicht auf Tierschützer anwendbar war. Den Angeklagten droht aber noch eine Verurteilung wegen anderer Delikte (Sachbeschädigung, Tierquälerei, Nötigung).
Stimmt die ÖVP einer Neufassung der Strafnorm nicht zu, wird in Parlamentszirkeln bereits über einen heißen September gemutmaßt: Kurz vor der Wahl könnte die Koalitionstreue nicht so genau genommen werden – und die SPÖ mit Hilfe der Opposition den Mafia-Paragrafen beschließen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2013)