Politisches Aufräumen nach der Flut

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Ein ÖVP-Nationalrat vermutet, dass eine Klosterneuburger Siedlung untergehen musste, um das Donauinselfest zu retten. In Marbach kämpft ein Bürgermeister um seine Glaubwürdigkeit.

Wien. Knapp einen Monat ist es her, dass ein Jahrhunderthochwasser weite Teile des Landes heimgesucht hat. Die oberflächlichen Folgen sind beseitigt, Schadenssummen nehmen langsam Gestalt an, sogar das Bundesheer hat gestern, Montag, seinen Assistenzeinsatz in Niederösterreich – 21.709 Manntage sind angefallen – beendet.

Zeit also für so manche Manöverkritik: In Oberösterreich hat Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) gestern angekündigt, genau analysieren zu wollen, wie es zur Flutung des Eferdinger Beckens gekommen war. Am Wochenende hatte der Kraftwerksbetreiber Verbund gegenüber dem ORF erklärt, absichtlich Flutungen vorgenommen und dies auch dem Land Oberösterreich gemeldet zu haben. Dort will man die entsprechende Meldung allerdings nie erhalten haben – weswegen Evakuierungsmaßnahmen nicht rechtzeitig vorgenommen worden seien.

Vorwürfe erhebt ÖVP-Nationalrat Johannes Schmuckenschlager nun auch für Niederösterreich: „Es steht der Verdacht im Raum, dass Wien das Entlastungsgerinne (die Neue Donau, Anm.) nicht weit genug geöffnet hat, um das Donauinselfest nicht zu gefährden“, sagt Schmuckenschlager. Gleichzeitig habe der Verbund zu viel Wasser durch das Kraftwerk Greifenstein fließen lassen: „Im Hafen St. Andrä-Wördern sind die Schiffe fast auf Grund gestanden.“ Dadurch sei ein Wasserstau im Raum Klosterneuburg entstanden, wo zwei Siedlungen überflutet wurden.

Sowohl die MA45 als auch der Verbund weisen das zurück – man habe die vom Lebensministerium vorgegebenen Pegelstände genau eingehalten. „Die Wehrordnung ist eine bundesweite Verordnung, an die wir uns auf Punkt und Beistrich halten“, sagt Gerald Loew, Leiter der MA45. „Hier einen Zusammenhang mit dem Donauinselfest zu konstruieren, ist lächerlich.“

Marbach: Anonymer Brief

Eine andere Art politischen Fallouts nach der Flut erlebt gerade Anton Gruber. Der Bürgermeister von Marbach (SPÖ) hatte noch während der Flut im Gespräch mit der „Presse“, später auch im „Standard“ und im ORF-„Report“, scharf kritisiert, man habe die 1600-Einwohner-Ortschaft „absaufen lassen“: Bund und Land Niederösterreich hätten den Baubeginn für den Marbacher Hochwasserschutz immer weiter nach hinten verschoben – weswegen in Marbach auch heuer wieder 150 Häuser überschwemmt worden und Schäden im zweistelligen Millionenbereich entstanden seien.

Vor allem das Land reagierte scharf auf diesen Vorwurf: Es handle sich um eine „Ausrede“, die Gemeinde Marbach habe bis heute verabsäumt, ein Schutzprojekt einzureichen – und sei damit selbst verantwortlich, dass ein Bau noch in weiter Ferne sei, heißt es aus dem Büro des zuständigen Landesrats Stephan Pernkopf (ÖVP).

Irgendjemand anderem dürfte Grubers mediale Präsenz aber ein besonderer Dorn im Auge sein: Vor zwei Wochen wurde ein anonymer Brief in Marbach verteilt, der Gruber frontal angreift: „Inszeniert haben sie sich gut, Herr Bürgermeister!“, heißt es in dem Schreiben, das der „Presse“ vorliegt, und: „Das ist ganz klar Ihr Versäumnis!“

Auch wenn der Brief mit „Betroffene und enttäuschte Marbacher“ gezeichnet ist, gibt es doch Indizien, dass die Attacke von außerhalb der Gemeinde stammt: Einerseits distanzieren sich beide Fraktionen im Gemeinderat, Grubers SPÖ und die ÖVP, deutlich davon – und andererseits trägt das Schreiben den klein gedruckten Vermerk, von der Wiener „Exzellent Werbeges. m. b. H.“ hergestellt worden zu sein. Deren Geschäftsführer und Eigentümer ist der Tullner Anwalt und ÖVP-Gemeinderat Johannes Sykora, der die Angelegenheit gegenüber der „Presse“ nicht kommentieren will.

Einige Marbacher verdächtigen daher – freilich nur selbst anonym – Erwin Prölls Landes-Volkspartei, hinter dem Brief zu stecken – hatten doch einige ihrer Funktionäre auf Grubers Angriffe besonders verschnupft reagiert. „Nein, der Brief ist nicht von uns“, stellt ein Sprecher der Partei fest. Ob die Partei generell Geschäftsbeziehungen mit „Exzellent“ unterhalte, könne er aber nicht sagen.

Wie es mit Marbach weitergehe, hänge vor allem von der Gemeinde ab, heißt es unterdessen aus der Landesregierung: Ein Gesprächstermin zwischen Landesrat Pernkopf und Bürgermeister Gruber sei bereits fixiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2013)

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