Die Gefahren für den Aktienmarkt

Bulle und Baer - bull and a bear
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Die Ökonomen sind optimistisch. Doch schlummern so einige Gefahrenquellen, die die Kurse schnell wieder auf Talfahrt schicken können. "Die Presse" fasst die wichtigsten Gefahren zusammen.

Wien/Ker. Es ist bisher ein gutes Aktienjahr. Zumindest wenn man die Leitindizes der großen Börsen als Maßstab anlegt. Der Frankfurter DAX und der New Yorker Dow-Jones-Index etwa haben seit Jahresbeginn eine beachtliche Rallye hingelegt (das gilt allerdings nicht für den kleinen Wiener Leitindex ATX, für den lief es zuletzt durchwachsen). Steigende Charts, gute Stimmung und optimistische Ökonomen. Es schaut auf den ersten Blick gut aus. Aber nicht alles ist rosig. Denn es gibt einige Gefahrenherde, die hinter den steigenden Indizes der Börsen lauern. Werden sie schlagend, kann es mit den Kursen schnell wieder bergab gehen. „Die Presse“ fasst die wichtigsten Gefahren zusammen.

Trugschluss Wirtschaftsaufschwung. Es sah in den vergangenen Wochen recht gut aus für die globale Wirtschaft. Ökonomen haben eine Erholung und robuste Wachstumszahlen in den USA beobachtet. Im zweiten Halbjahr 2013 und 2014 soll es mit der Wirtschaft bergauf gehen, prognostizieren die Analysten. Gestützt von solch fundamentalen „Erfolgsdaten“ gehen Investoren tendenziell mehr Risiko ein und setzen vermehrt auf Aktieninvestments. Wenn sich die Prognosen aber als Trugschluss herausstellen, kann es jedoch gleich wieder steil bergab gehen mit den Aktienkursen.

IWF hat Prognosen gesenkt

Diese Gefahr besteht – gelinde formuliert. Nicht zuletzt seit der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Vorwoche gewarnt hat, dass die Erholung der globalen Wirtschaft schon wieder an Schwung verliert. Der IWF revidierte daraufhin seine Prognosen für Deutschland, USA und China stark nach unten. Für die europäische „Wachstumshoffnung“ Deutschland etwa halbierte der IWF seine Prognose für 2013. Demnach werde die Wirtschaft nur um 0,3 Prozent zulegen. Das ist ein klarer Dämpfer für die vorangegangenen (realwirtschaftlichen) Jubelmeldungen.

Baltic-Dry-Index. Keine großen Hoffnungen für eine schwungvolle Erholung der Weltwirtschaft gibt auch der wichtige Baltic-Dry-Index. Er ist ein „Seismograf“ für die Weltwirtschaft. Der Index stellt die Verschiffungspreise trockener Güter dar. Wenn diese steigen, ist das ein Indikator für eine wachsende Nachfrage der zu verschiffenden Güter auf dem Weltmarkt und für einen ansteigenden Welthandel. „Derzeit könnte ich anhand des BDI nicht sagen, dass sich der Welthandel auf Erholungskurs befindet. Das kann man am Indexverlauf der vergangenen Wochen nicht ablesen“, sagt Fritz Mostböck, Chefanalyst der Erste Group. Kurzum: Der Baltic-Dry-Index allein wird derzeit kaum einen Anleger ermutigen, groß in Aktien zu investieren.

Ende der ultralockeren Geldpolitik. Ben Bernanke, der Chef der US-Notenbank Fed, hat vor wenigen Wochen angekündigt, die Fed werde ihre Geldpolitik straffen. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Denn das könnte heißen, dass die US-Konjunktur so stabil ist, dass sie das extrem billige Geld der Notenbank nicht mehr benötigt. Es kann aber auch (zumindest kurzfristig) eine schlechte Nachricht für die Aktienanleger sein, und zwar dann, wenn die Verunsicherung groß ist. Schließlich haben die internationalen Notenbanken in den vergangenen Jahren extrem viel Geld in die Finanzmärkte gepumpt. Wenn dieser Geldhahn etwas zugedreht wird, fließt den Börsen weniger Kapital zu. Außerdem drücken steigende Zinsen im Normalfall auf die Aktienkurse, da festverzinsliche Anleihen in diesem Umfeld attraktiver werden. Investoren könnten somit Anleihen den riskanteren Aktien vorziehen. Der Geldfluss in die Aktienmärkte würde noch einmal gedämpft.

Exorbitante Staatsschulden. Europäisches Schuldenproblem– welches Problem? In den vergangenen Monaten ist dieses Thema ganz klar in den Hintergrund geraten. Das heißt aber noch lange nicht, dass es nicht mehr existiert. Aktienanleger erinnern sich wohl nicht gern zwei Jahre zurück. Da haben Ökonomen, Analysten und Anlageexperten die Öffentlichkeit mit positiven Prognosen überhäuft. Das Umfeld sei optimal für die Aktienmärkte, es würden zwei fantastische Aktienjahre kommen, hieß es damals. Dann schlug im Sommer 2011 die Schuldenproblematik wieder voll zurück, die Börsen brachen ein und beendeten das Jahr tief im Minus.

Griechenland nicht über den Berg

Griechenland hat erst in der Vorwoche wieder eindrucksvoll der Welt vor Augen geführt, dass das Land noch lange nicht gerettet, sondern vielmehr zahlungsunfähig ist. Das kann teuer werden. Wenn die Eurokrise wieder zum Thema wird, wäre es den Investoren nicht zu verübeln, wenn sie wieder einmal aus den Aktienmärkten in sichere Häfen flüchteten.

Sinkende Schwellenländer-Euphorie.Einige Schwellenländer drohen als Konjunkturlokomotiven auszufallen – oder zumindest an Bedeutung zu verlieren. Allen voran China, das mit der ungünstigen Kombination aus relativ hoher Inflation und stockendem Wirtschaftswachstum zu kämpfen hat. Das Land wird laut Prognosen wohl das geringste Wirtschaftswachstum seit 1990 verbuchen. Auch andere „aufstrebende“ Staaten wie Brasilien oder Russland kämpfen mit realwirtschaftlichen Problemen. Daher hat der IWF die Wachstumserwartungen für die sogenannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) nach unten korrigiert. Das löst nicht unbedingt große Jubelstürme an den Börsen aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2013)

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