Einzelhandel: Stabiles Schiff mit leichter Schlagseite

Einzelhandel Stabiles Schiff leichter
Einzelhandel Stabiles Schiff leichter(c) REUTERS (� Issei Kato / Reuters)
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Die Umsätze in den österreichischen Geschäften sind weiter rückläufig. Und die Verdrängung zugunsten filialisierter Unternehmen schreite voran, zeigt ein Zehn-Jahres-Vergleich.

„Jeder Krämer lobt seine Ware" lautet ein Zitat. So musste die Sparte Einzelhandel der Wirtschaftskammer bei ihrer traditionellen Halbjahreskonferenz schon tief in die Argumentationskiste greifen, um ihr bescheidenes Produkt, die Ergebnisse des ersten Halbjahres 2013, positiv zu verkaufen. „Der Handel ist wie ein Schiff, das auch bei hohen Wellen stabil bleibt", leitete die Obfrau Bettina Lorentschitsch ein, um gleich die einzig halbwegs positive Nachricht, die um 0,2 Prozent gestiegene Beschäftigtenzahl im Einzelhandel im ersten Halbjahr, nachzuschieben. Die Statistik zeigt jedoch den Stand per Ende Juni, wo die dayli-Pleite vielleicht absehbar war, aber noch nicht konkret. Dort haben mittlerweile 1261 Beschäftigte ihren Job verloren, weitere 2200 müssen noch zittern. Lorentschitsch zeigte sich zuversichtlich, dass vornehmlich die großen Lebensmittelhändler ihre werbewirksamen Zusagen betreffend Beschäftigung von dayli-Frauen einhalten werden.

Baumärkte litten besonders

Ein Blick auf die harten Zahlen: Die Umsätze im stationären Einzelhandel - Die Einbindung des Onlineumsatzes wurde für das kommende Jahr in Aussicht gestellt - gingen real um 1,8 Prozent zurück. Nominell blieb man mit 0,3 Prozent nur marginal über dem Vorjahresniveau. Nur der Handel mit Parfümerieprodukten, Büchern, Spielwaren sowie der Lebensmittelhandel - letzterer nicht zuletzt dank überdurchschnittlicher Preissteigerungen- lagen nicht im roten Bereich. Besonders negative Auswirkungen zeitigten Wetter und Kundenverhalten in den Baumärkten, in den Möbelhäusern, bei den Sport-, Bekleidungs- und Schuhhändlern und seit längerem auch wieder einmal bei den Elektronikern. Den Baumärkten mit angeschlossenen Gartencentern dürfte der lange Winter besonders zu schaffen gemacht haben. Deren reales Minus liegt bei 4,7 Prozent, nominell schaut es mit minus 3,4 Prozent nicht wesentlich besser aus.

Umsätze nach Branchen- Veränderung in Prozent

Drogerie/Parfümerie 3,0 nominell 1,0 real
Lebensmittel 2,5 - 0,8
Sonstiger Einzelhandel 1,3 - 1,2
Stationärer Einzelhandel 0,3 - 1,8
Bücher/Schreibwaren 0,1 - 1,1
Spielwaren 0,0 - 2,0
Lederwaren - 0,4 - 2,9
Schuhhandel - 0,7 1,0
Möbelhandel - 1,0 - 3,9
Sportartikel - 1,8 - 3,5
Bekleidung - 1,8 - 2,4
Elekrto/Foto/Computer - 3,0 - 1,2
Bau- und Heimwerkerbedarf - 3,4 - 4,7

„Die Ergebnisse zeigen auch eine starke Polarisierung", sagte Peter Voithofer von der KMU-Forschung, die die Zahlen zur Verfügung stellt. 38 Prozent der Betriebe seien nominell im Plus, 49 Prozent aber im Minus, fügte der KMU-Experte hinzu. Laut Voithofer rechnen die Einzelhändler für die nächsten Monate mit einer stabilen Geschäftsentwicklung. In den beiden vorangegangenen Jahren hatte sich das zweite Halbjahr jedoch wesentlich schlechter entwickelt als die erste Jahreshälfte - kein gutes Omen also für den Einzelhandel.

Deutlicher Strukturwandel

Die Wirtschaftskammer verteidiget die Preisentwicklung im Einzelhandel gegenüber den regelmäßigen Angriffen der Arbeiterkammer. „Die Preise der AK basieren auf einem abenteuerlichen Preisindex", wetterte Lorentschitsch. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen. Im Übrigen befinde sich der Einzelhandelpreisindex mit 2,1 Prozent unter der allgemeinen Inflationsrate von 2,3 Prozent. Die im Vergleich mit dem benachbarten Ausland zum Teil wesentlich höheren Endverbraucherpreise begründete sie mit den hohen Abgaben und Sozialstandard in Österreich.

Erstmals präsentierte die Wirtschaftskammer auch den Strukturwandel im österreichischen Einzelhandel von 2002 bis 2012. Geprägt ist die Zehn-Jahres-Periode von einem sieben- prozentigen Rückgang bei der Anzahl der Geschäfte und einem Plus von neun Prozent bei der Verkaufsfläche. Diese Zahlen lassen den Schluss auf einen von den filialisierten Unternehmen angeführten Verdrängungswettbewerb zu. Die großen Filialisten haben zwar bei der Geschäftsanzahl nur einen Anteil von 38 Prozent, bei der Verkaufsfläche hingegen beträgt ihr Anteil 60 Prozent. Auch die Veränderung der Struktur der Einkaufszonen und die dort getätigten Umsätze untermauern die These: Die Einkaufsstraßen haben einen Rückgang ihres Umsatzanteils von 73 Prozent im Jahr 2002 auf 61 Prozent hinnehmen müssen, die Einkaufszentren, Fachmarktzentren und Fachmarktgebiete haben von 24 auf 33 Prozent Anteil zugelegt. Das Internet-Shopping, das vor zehn Jahren noch keine Rolle spielte, hat mittlerweile die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen.

(herbas)

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