Wacken: Das kleine Dorf und das große Festival

Ein Mann verkauft selbstgemachten Saft an Metal-Fans
Ein Mann verkauft selbstgemachten Saft an Metal-Fans(c) REUTERS (� Morris MacMatzen / Reuters)
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In dem norddeutschen Städtchen Wacken verwandeln jährlich tausende Festivalbesucher den Ort. Die meisten Einwohner wissen den Ausnahmezustand für sich zu nutzen.

In Wacken geht "Mutti" gerade ein Geschäft durch die Lappen. "Vergangenes Jahr war sie noch hier und hat Zwiebelmettbrötchen verkauft. Wo ist Mutti hin?", fragt sich Vincent Göbel. Der 30-Jährige mit dem kahlrasierten Kopf trägt eine schwarze Mönchskutte und eine dunkle Sonnenbrille. Kein Outfit, das Mütter in der Regel gutheißen. Aber "Mutti" ist auch nicht Göbels Mutter, sondern eine Wackenerin. Eine von vielen, die sich während das Wacken Open Airs (heuer vom 1. bis zum 3. August) mit einem Stand etwas Geld dazu verdienen.

Profit aus dem Metal-Spektakel

Das kleine 1.800-Einwohner-Dorf in Schleswig-Holstein ist jährlich Schauplatz des weltweit größten Metal-Festivals. Rund 75.000 Besucher werden zum 24. Wacken Open Air erwartet. Schwarz dominiert in den Straßen, hier und da schlängelt sich ein Traktor an den meist langhaarigen Gästen vorbei. Vielleicht fährt er nach Nutteln oder Moorhusen, das ist in der Umgebung. Wacken ist Provinz. Doch Anfang August ist alles anders, dann strömt die weltweite Metal-Szene in den kleinen Ort. Die Ur-Wackener haben sich damit arrangiert und profitieren von den hungrig und durstigen Gästen.

Einer der Profiteure ist Torge, elf Jahre alt. Der junge Wackener trägt ein T-Shirt auf dem "50 Prozent Mama, 50 Prozent Papa, 100 Prozent Wacken" zu lesen ist und sitzt in einem kleinen Tretauto mit Anhänger. Er bessert sein Taschengeld mit Transferen vom Wackener Ortskern zum 220 Hektar großen Festivalgelände auf. Torge transportiert Bierdosen oder Campingausrüstungen, manchmal auch einen Metal-Fan. Zum größten Teil des Jahres gehört diese Erde allerdings den Kühen. Das Wacken Open Air spielt sich auf einer Weide ab - ist es vorbei, kehren die Tiere zurück.

Einige Meter weiter steht Birgit Reimers in ihrem Schreibwaren- und Spielzeuggeschäft. Etwa 100 Wacken-Postkarten gehen am Tag über den Ladentisch, schätzt Reimers. Das Besondere an den Karten: In einer Dose kann der Wacken-Fan "Heilige Erde" vom Festivalgelände in die Heimat schicken. Die Landsparkasse Schenefeld gibt außerdem seit 2008 eine co-gebrandete Prepaid-Kreditkarte namens „Wacken Card“ heraus und konnte so im Jahr 2008 die Zahl ihrer Kreditkartenkunden um 50 % steigern.

Einer der beiden Festival-Gründer, Thomas Jensen, sitzt derweil auf dem Festivalgelände. Damals rief er das Wacken Open Air mit seinem Kumpel Holger Hübner aus einer Bierlaune heraus ins Leben. Heute ist Jensen eine Art Bürgermeister von "Metal Town". Jensen nippt an einem Bier, um ihn herum werden die letzten Kabel verlegt. "Hier weiß jeder, was er zu tun hat", sagt der 47-Jährige beruhigt. Morgen soll es auf dem Festivalgelände offiziell los gehen.

(Jonas-Erik Schmidt, dpa )

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