E-Klasse: Etwas Härte gegen die Weichheit des Lebens

EKlasse Etwas Haerte gegen
EKlasse Etwas Haerte gegen(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit dem neuen Coupé der E-Klasse liefert Mercedes eine gelungene Interpretation des Themas – jedenfalls äußerlich: Über den Diesel kann man streiten, das Sportfahrwerk ist völlig unpassend.

Wer sich dauerhaft am Steuer dieses Autos wiederfindet, hat die Stürme des Lebens vermutlich ganz passabel gemeistert. Das Coupé an sich ist ja ein lebensbejahendes Format, und es ist nie die preisgünstige Option. Selten stehen Coupé-Fahrer am Anfang des Erwerbslebens. Meist sind die Geschäfte schon gelaufen, und zwar gut. Der Coupé-Fahrer sieht dennoch keinen Grund, vor drohendem Kreuzweh und schwindender Übersicht zu kapitulieren, mithin ein SUV anzuschaffen. Stattdessen herrschen Optimismus und Zuversicht in die eigene Gelenkigkeit vor.

Platz? Man ist ja kein Transportunternehmen! Besser erfreut man sich an der kunstfertigen Verschwendung, auf 4,7 Metern Länge nur eine Türe auf jeder Seite unterzubringen. Kinder werden höchstens bei gelegentlichen Opa- oder Oma-Diensten chauffiert, sonst bleibt der Fond unbesetzt. Niemand braucht deshalb über die engen Platzverhältnisse hinten zu nörgeln. Der Kofferraum ist groß genug für kleinere Reisen.

Ein Gewaltakt

Da das Coupé immer auch ein Bekenntnis zum lustvollen Autofahren ist, kann die Motorisierung kein Randthema sein. Bei unserem Testwagen kommen europäische und noch mehr österreichische Eigenarten zum Vorschein: Nirgendwo sonst auf der Welt käme man auf die Idee, ein Mercedes-Coupé mit Geringerem als V6 oder V8 zu bestücken, und noch abwegiger wäre Diesel. Genau das aber findet man im E-Coupé 250 CDI vor.

Dem 2,2-Liter-Motor fehlt es gewiss nicht an eindrucksvollen Daten, neben 204 PS sind das vor allem die 500 Newtonmeter Drehmoment, die satten Schub versprechen. Dieser wird auch abgeliefert, einem Gewaltakt gleich, doch wie immer beim Diesel fehlen Leichtigkeit und Virtuosität des Hochdrehens. Die Sieben-Gang-Automatik tut ihr Bestes, diese Eiger-Nordwand von Drehmoment harmonisch an die Hinterachse weiterzuleiten (sieben Gänge werden übrigens bald passé sein: In der aktuellen E-Klasse kommt bereits eine Wandlerautomatik mit neun Gängen zum Einsatz).

Selbstbescheidung

Nach unserem Kulturverständnis handelt es sich bei diesem Motor dennoch um eine Fehlbesetzung – er wirkt wie eine Geste der Selbstbescheidung, die den Glamour eines E-Coupés relativieren soll. Zumal uns der Spritverbrauch mit um die siebeneinhalb Liter im Schnitt nicht übermäßig beeindruckt hat.

Als Alternative böte sich der 211 PS starke Turbobenziner mit vier Zylindern zum gleichen Preis an. Nachdem aber in einem Mercedes dieser Kategorie ganz schnell mindestens ein Drittel des Listenpreises in Form von mehr oder minder unverzichtbaren Extras dazu zu schlagen ist, scheint erst recht der Aufpreis auf einen V6-Benziner statthaft.

Von der leichten Irritation aus dem Motorraum abgesehen, bietet das E-Coupé ein hochklassiges Ambiente. Das Facelift hat als markanteste Änderung der Front ein Paar neuer Scheinwerfer beschert. Die eckigen Doppelaugen waren offenbar nicht ganz so gut angekommen, nun strahlt jeweils ein einteiliger Scheinwerfer mit einem unübersehbaren LED-Tagfahrlicht.

Elektrisch überreicht

Wer es beim Marsch durch die Aufpreisliste nicht verabsäumt hat, hat die Scheinwerfer mit einer Fernlichtautomatik ausgerüstet: Entgegenkommende Fahrzeuge werden trotz maximaler Leuchtweite nicht geblendet. Eine Sache weniger, um die man sich kümmern muss, nachdem schon Licht und Scheibenwischer selbsttätig anspringen und der Sicherheitsgurt von einem elektrischen Zubringer überreicht wird.

Extrem unpassend erschien uns das Sportfahrwerk, mit dem das Auto ausgestattet war. In Verbindung mit einem Dieselmotor, der zwar kräftig, aber noch lange nicht sportlich ist, eine bizarre Kombination. Auf jeder Fahrbahn, die nicht perfekt zu nennen ist, bekommen die Insassen die Leviten von harten Federn und straffen Dämpfern gelesen.

Zwar haben es die Ingenieure schon verstanden, den vielen Schlägen die Spitze zu nehmen, es muss aber ein Rätsel bleiben, wer in dieser Art von Auto, das beileibe kein Rennwagen sein kann und will, derart durchgerüttelt und geschüttelt werden möchte. Es ist ein schwacher Trost, dass die Karosserie in flott gefahrenen Kurven nicht wankt und eintaucht. Offenbar wollte Mercedes damit der etwas aufbrausenden „Formel1“-Frontpartie Rechnung tragen.

Hoffentlich ist das Standardfahrwerk verträglicher abgestimmt – es wäre schade, wenn Mercedes alte Komforttugenden aufgäbe, nur um noch dynamischer zu wirken als BMW.

Auf einen Blick

Mercedes E 250 CDI Coupé

Maße: L/B/H: 4703/1786/1397 mm. Radstand: 2760 mm. Kofferraum: 450 l. Gewicht: 1845 kg. Heckantr.

Motor: R4-Zylinderdiesel, 2143ccm. 150 kW (204 PS), 500 Nm. Testverbrauch: 7,9 l/100 km.

Preis: ab 50.750 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2013)

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