"Der Iran ist heute ein schwaches Land"

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Symbolbild(c) REUTERS (MORTEZA NIKOUBAZL)
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Der israelische Iran-Kenner Menashe Amir rät dazu, den Sanktionsdruck auf Teheran noch zu verstärken. Nur so seien Konzessionen im Atomstreit zu erlangen.

Wien. Transparenz – das hat Irans designierter Präsident Hassan Rohani in Bezug auf Irans Atomprogramm versprochen. Nicht gesagt hat er, was das im Detail bedeutet.

Menashe Amir hat eine genaue Vorstellung davon, was es bedeuten sollte: „Dass die Atominspektoren Zugang zu allen Anlagen im Iran bekommen und dass Teheran das Zusatzprotokoll zum Nichtverbreitungsvertrag ratifiziert“, meint der im Iran geborene Israeli, der jahrelang die persische Sektion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Israel leitete. Nachsatz: „Ich bezweifle stark, dass der Iran sich dazu bereit erklären wird.“

Amir glaubt zwar, dass Rohani durchaus einen gewissen Einfluss auf den religiösen Führer Ali Khamenei hat: „Aber er weiß, wie weit er gehen kann. Er wird Khamenei sicher nicht herausfordern.“ Der springende Punkt sei, den Revolutionsführer zur Einsicht zu bringen, dass das Überleben des Regimes – Irans Wirtschaft steht unter starkem Sanktionsdruck, erst diese Woche hat das US-Repräsentantenhaus für härtere Strafmaßnahmen gestimmt – von Kompromissen im Atomstreit abhänge.

So beschränkt die Möglichkeiten des Präsidenten sind, Amir sieht im stets lächelnden Rohani eine stärkere Figur als in Vorvorgänger Mohammed Khatami: „Ich glaube nicht, dass er ein zweiter Khatami wird. Der war zwar guten Willens, hatte aber eine schwache Persönlichkeit und ging jeder Konfrontation aus dem Weg. Gelegenheit zur Konfrontation wird sich bieten, etwa mit den Revolutionsgarden, denen das Atomprogramm unterstellt ist: „Ihr Potenzial, Verhandlungen zu hintertreiben, liegt bei 100 Prozent“, schätzt Amir: „Ich würde so weit gehen, dass letztlich nicht Khamenei über das Atomprogramm entscheidet, sondern die Revolutionsgarden.“

„Das wäre Selbstmord“

Was also soll der Westen in dieser Situation tun? Amir sieht den Iran derzeit als „schwaches Land“, wegen des starken internationalen Drucks und der Sanktionen, und rät daher zu mehr vom Gleichen, also dazu, den Sanktionsdruck sogar noch zu verstärken. Dass der Iran, in die Enge getrieben, eine Kurzschlussreaktion begehen und etwa Israel angreifen könnte, glaubt Amir nicht: „Die Iraner wissen, dass das ein selbstmörderischer Akt wäre. Und mit konventionellen Waffen könnten sie in Israel kaum großen Schaden anrichten.“

Zur Person

Menashe Amir (*1940 im Iran) leitete lange die persische Abteilung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Israel und des Senders „Voice of Israel“. Er war vor Kurzem auf Einladung von „Stop the Bomb“ in Wien. [Dumbs]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2013)

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