Tschechiens Staatspräsident Miloš Zeman gefällt sich in der Rolle eines vulgärpopulistischen Martin Luther.
Wenn sich ausgerechnet die Kommunisten als glühende Fans einer Expertenregierung deklarieren, dann gibt es dafür nur zwei Erklärungen: Entweder sie verstehen nicht, dass echte Technokraten mit Ideologien jeglicher – auch tiefroter – Couleur nichts am Hut haben, oder aber die besagten Experten sind nicht so unparteiisch, wie sie sein sollten. Vieles spricht dafür, dass auf Tschechien die zweite Lesart zutrifft. Dass die von Staatspräsident Miloš Zeman installierten „Experten“ um Premier Jiří Rusnok im Prager Parlament alles andere als wohlgelitten sind, kümmert das Staatsoberhaupt ebenso wenig wie die Tatsache, dass die über einen bizarren Sex-, Lügen und Spitzelskandal gestolperten Bürgerlichen jederzeit ein frisches Kabinett bilden könnten, wenn man sie nur ließe.
Doch Zeman lässt sie nicht. Stattdessen gefällt er sich in der Rolle eines vulgärpopulistischen Martin Luther, der bereit ist, für seine Überzeugung zu bluten, wie er gestern versichert hat. Luthers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ klingt aus Zemans Mund wie folgt: „Ich werde keinen zweiten Versuch zur Regierungsbildung unternehmen, auch wenn Sie mich foltern würden.“ Der Beifall der Kommunisten ist ihm da wohl sicher.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2013)