Mein Montag

Soll ich jetzt „Sie“ oder „du“ zu Ihnen sagen?

Mir persönlich ist es ja eher wurscht.
Mir persönlich ist es ja eher wurscht.Erich Kocina
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Über die sprachakrobatischen Verrenkungen, einander nicht direkt ansprechen zu müssen.

Du, liebe Leserin, lieber Leser, willst du eigentlich lieber per Du oder per Sie angesprochen werden? Keine Angst, es folgt jetzt kein Aufruf zum Online-Voting über die korrekte Ansprache, das wäre ja bar jeder Vernunft. Wobei die Entscheidung, dass man jemanden duzt, ja zumindest eine Entscheidung ist. Wer kennt nicht diese peinlichen Momente, in denen man sich noch nicht sicher ist, ob man das Gegenüber duzen darf – das führt gelegentlich zu sprachakrobatischen Verrenkungen, nur um ja nicht aus der Deckung gehen zu müssen. Mit „Darf’s noch ein Stück Kuchen sein?“ und ähnlichen Formulierungen kann man die Unsicherheit so lang umschiffen, bis das Gegenüber einmal „du“ oder „Sie“ sagt. Falls von dort aber auch nichts kommt, spricht man einander einfach nie direkt an. Sehr unverkrampft, solche Situationen. Not.

Bei zwei oder mehr Menschen kann man mit dem „ihr“ eine – wenn auch feige – Zwischenlösung versuchen. Damit kann man sich gekonnt um die Entscheidung für Duzen oder Siezen drücken. Wobei da schon ein bisschen der Wille mitschwingt, zum Du zu schwenken, sobald das Gegenüber den Ball aufnimmt.

Ein wenig paradox ist die Kombination, jemanden zu siezen, aber mit dem Vornamen anzureden: „Sie, Erich!“ (Früher wurde das bei Dienstleistungsberufen auch gern mit „Sie, Herr Erich“ kombiniert.) Das Hamburger Sie, wie dieses Phänomen genannt wird, kennt mit dem Münchener Du aber auch das genaue Gegenteil. Also etwa: „Du, Kocina!“ Und wenn wir schon dabei sind, das Berliner Er („Hat er die zehn Euro nicht kleiner?“) kennt man hierzulande abseits von kaiserlicher Nostalgie als Anrede kaum mehr. Dafür aber sehr wohl das „Wir“, dem auch etwas Obrigkeitshaftes anhaftet: „Wo hamma denn den Fahrschein?“

Also gut, dann machen wir doch eine Abstimmung: Du oder Sie – wie hätten wir es denn gern?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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