Geständnis ohne Reue

PROZESS UM VERGEWALTIGUNG IN U6
PROZESS UM VERGEWALTIGUNG IN U6APA/GEORG HOCHMUTH
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Vergewaltigung in U-Bahn-Linie U6 bringt Täter zwölf Jahre Haft. Danach Einweisung in Anstalt für abnorme Rechtsbrecher.

Wien. In einem stickigen und überfüllten Gerichtsaal am Wiener Landesgericht wurde am Freitagnachmittag der Schuldspruch zum Prozess über eine Vergewaltigung in der U-Bahn-Linie U6 verkündet. Die Tat hatte im Dezember 2012 für Aufsehen gesorgt. Ein Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu zwölf Jahren Haft, die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher und zur Zahlung von 8000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer.

Nach einer halbstündigen Verspätung der Staatsanwältin, sie stand im Stau, wurde der Angeklagte vorgeführt. Gleich zu Beginn der Verhandlung bekannte er sich schuldig. Er bestätigte, die Person auf dem von einer Überwachungskamera aufgezeichneten Videoband zu sein. Den Vorwurf der Vergewaltigung bestritt er aber.

Laut Aussage des Angeklagten wollte er die Frau „nur“ ausrauben, eine Vergewaltigung sei nie beabsichtigt gewesen. Ebenso wollte er das Opfer nicht erwürgen, sondern bewusstlos machen, um „gemütlich die Tasche zu durchsuchen“. Da die Frau keine Handtasche bei sich trug, habe er beschlossen, ihr die Hose auszuziehen, um dort nach Wertsachen zu suchen. Auf die Frage hin, warum er dem Opfer auch die Unterwäsche auszog, erklärte der Angeklagte, dass er die Vermutung hatte, die Frau würde Heroin in ihrem Vaginalbereich verstecken.

Dem Gericht war zwar bekannt, dass der Täter von Cannabis abhängig war. Der Konsum von Heroin hingegen war allen im Verhandlungssaal anwesenden Personen neu. Auch der Verteidigung. Als der Täter – nach seinen Angaben – bei der jungen Frau keine Suchtmittel fand und sich die U-Bahn der nächsten Station näherte, klemmte er das Opfer in der hintersten Reihe unter zwei Sitzen fest. So konnte er rechtzeitig fliehen, ohne dass Zugestiegene sofort auf die Frau aufmerksam wurden.

Mehrere Vorstrafen

Das Opfer erschien nicht im Verhandlungssaal. Die Verteidigung spielte jedoch ein Videoband mit der Aussage der Frau vor. Sie hatte vor Verhandlungsbeginn das Land verlassen, um keine mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Nach zwei weiteren Zeugenaussagen, der Verlesung von psychologischen Gutachten über Täter und Opfer sowie den Schlussplädoyers von Anklage und Verteidigung fällten die Laienrichter ihr Urteil. Die Aussage des Täters, das Opfer nur ausrauben bzw. nach geschmuggelten Drogen untersuchen zu wollen, befand die vorsitzende Richterin Susanne Lehr als unglaubwürdig. Weiters sei das Schuldbekenntnis des Angeklagten nur faktisch und nicht reumütig gewesen. Erschwerend kamen noch sechs vorangegangene Verurteilungen von früheren Straftaten, darunter Betrug und Körperverletzung, hinzu.

Strafmildernd wirkte sich das vorgelegte Gutachten aus, das die psychische Erkrankung des 26-Jährigen aufgrund seines Drogenkonsums feststellte. Während der Tat selbst war der Angeklagte laut Gutachten jedoch zurechnungsfähig.

Die Staatsanwältin gab vor den Schöffen an, der Fall sei einer „der widerlichsten, den sie bisher erlebt hat“. Der Vorarlberger nahm das nicht rechtskräftige Urteil emotionslos entgegen, gab an, emotional so sehr mit sich selbst beschäftigt zu sein, dass er sich mit dem Befinden des Opfers nicht auseinandersetzen wolle. Seine Verteidigerin kündigte Berufung an.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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