Zensur in den USA

Shakespeare ist zu sexy für Floridas Schüler

School Board Meeting in Florida. Diese Teilnehmer sprechen sich via Handzeichen gegen Bücherverbote aus.
School Board Meeting in Florida. Diese Teilnehmer sprechen sich via Handzeichen gegen Bücherverbote aus. Imago/Dirk Shadd
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Margaret Atwood, Toni Morrison, jetzt auch Shakespeare – die republikanischen Zensur-Bemühungen treffen immer mehr Autoren und Autorinnen. Treibende Kraft: Ron DeSantis und Bewegungen wie Moms for Liberty.

Shakespeare ist zu sexy für die Schule. Zumindest, wenn es nach einigen selbst ernannten Kulturkriegern in den USA geht: Im Schulbezirk Hillsborough County, Florida, dürfen nur noch Auszüge aus den Werken des englischen Barden gelesen werden, ein anderer Schulbezirk in der Nähe von Orlando erlaubt bestimmte Theaterstücke wie Shakespeares „Mittsommernachtstraum“ nur noch für die Klassen 10 bis 12. Der Grund: sexuelle Anspielungen, Anzüglichkeiten und Referenzen auf den Geschlechtsakt in den Texten machten diese kanonischen Werke der Literaturgeschichte unpassend für Kinder und Jugendliche.

Ein weiterer Grund dürfte sein, dass die Bezirke und Schulen Angst haben, verklagt zu werden: Im März 2022 hatte Floridas Gouverneur Ron DeSantis den sogenannten Parental Rights in Education Act unterzeichnet – von Kritikern auch „Don’t Say Gay“-Gesetz genannt –, das die Erwähnung von LGBTQ-Themen, Gender und Sexualität im Klassenzimmer in bestimmten Altersgruppen verbietet und den Eltern eine Rechtsgrundlage zur Einflussnahme gibt. Im April dieses Jahres weitete DeSantis das Gesetz auf alle Jahrgangsstufen aus.

Das dürfte mit den hochfliegenden Ambitionen des Gouverneurs zusammenhängen: Denn DeSantis bewirbt sich, obwohl er momentan in Umfragen deutlich hinter Trump liegt, um die Nominierung für die Präsidentschaft 2024. Seine Strategie besteht vor allem darin, Trump rechtsaußen in Sachen „Kulturkampf“ zu überholen. Im Juli unterschrieb DeSantis ein weiteres Gesetz, das Schulbezirke verpflichtet, Texte mit „sexuellen Handlungen“ zurückzuziehen – und Shakespeare musste weichen. 

William Shakespeare ist nicht der einzige Autor, der den republikanischen Zensur-Bemühungen zum Opfer gefallen ist. Ziele sind sowohl Bücher für junge Erwachsene, aber auch Bilderbücher für jüngere Kinder sowie Klassiker der Weltliteratur. Laut der American Library Association gehören „Gender Queer“ von Maia Kobabe (über nicht-binäre Identität), „All Boys Aren’t Blue“ von George M. Johnson und Toni Morrisons „The Bluest Eye“ zu den Büchern, die 2022 am häufigsten von Zensurversuchen betroffen waren. In den Listen der zensierten Bücher finden sich auch Werke von Margaret Atwood und Walt Whitman. Besonders häufig sind Bücher von schwarzen, indigenen und queeren Autoren Zielscheibe von Verboten, wie PEN America in seiner Liste für das erste Schulhalbjahr 2022/23 zeigt.

Schulbezirke reagierten auf vage Rechtsvorschriften

2022 haben rechte Akteure ihre Zensurversuche auf weitere Themenbereiche ausgeweitet: „Verbote in diesem Schuljahr betreffen zunehmend eine breitere Palette von Titeln, darunter solche, die Gewalt und Missbrauch darstellen (44 Prozent), Themen der Gesundheit und des Wohlbefinden behandeln (38 Prozent) und Tod und Trauer (30 Prozent) thematisieren.“ Schulbezirke reagierten auf vage Rechtsvorschriften, indem sie eine große Anzahl von Büchern vor einer formalen Überprüfung entfernten, so PEN America in ihrem aktuellen Bericht.

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