Kunstmarkt

„Diese Stiftung soll uns überleben“: Wie sich ein Kunstsammler-Ehepaar für die Zukunft aufstellt

Das monumentale Werk „Flight into Egypt I“ von Adrian Ghenie aus dem Jahr 2008 wird in Paris zum Aufruf kommen.
Das monumentale Werk „Flight into Egypt I“ von Adrian Ghenie aus dem Jahr 2008 wird in Paris zum Aufruf kommen.Christie’s Images ltd 2023, Guillaume Onimus
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Fast 30 Jahre lang sammelte das Ehepaar Anne und Wolfgang Titze Kunst. 2014 zeigte das Belvedere die Sammlung. Jetzt wird ein Teil davon bei Christie’s versteigert: aus einem ganz bestimmten Grund.

„Love Story“ hieß die Ausstellung, die das Belvedere 2014 der Sammelleidenschaft des französisch-österreichischen Ehepaars Anne de Boismilon und Wolfgang Titze widmete. Es ist eine Leidenschaft, die 1995 begonnen und in den beinahe 30 Jahren eine bedeutende Sammlung hervorgebracht hat, die den Bogen von den 1950er-Jahren bis zur Gegenwart spannt. Ein kleiner Teil dieser Sammlung wird am 19. Oktober in Paris unter dem Titel „Love Stories“ bei Christie’s versteigert, um damit eine Stiftung einzurichten.

Als sich der österreichische Unternehmensberater und die französische Journalistin und TV-Produzentin, unter anderem für die CBS-Reportageserie „60 Minutes“, trafen, verliebten sich beide in Kunst und ineinander. „Meine Frau kam vom Film und hatte daher ein unglaubliches Auge. Ich kam von der Unternehmensberatung und bin eher der mathematische und faktenbasierte Mensch. Diese Kombination war nicht schlecht, um mit dem Kunstsammeln zu beginnen“, erzählt Wolfgang Titze im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. „Ich habe von Beginn an gesagt: ,Kunstsammeln ist etwas, was wir gemeinsam machen‘“, betont er. Neben der Kunst gilt seine Liebe auch der Musik. Er wollte sogar selbst einmal Pianist werden. „Als ich 1959 Glenn Gould live mit seiner Interpretation der Goldberg-Variationen von Bach hörte, war mir absolut klar, dass ich keine Zukunft als Pianist haben würde“, erinnert er sich.

Fasziniert von Minimal Art und Konzeptkunst

Begonnen hat alles mit Minimal Art. „Einer der wichtigsten Anstöße war der französische Bildhauer Bernar Venet, der uns zur Minimal Art gebracht hat“, erzählt Titze. Heute hat das Paar eine der größten Sammlungen von Minimal Art mit Künstlern wie Donald Judd, Carl Andre, Robert Morris, Dan Flavin, Fred Sandback, John McCracken, Larry Bell oder Sol LeWitt. Aber auch europäische Zeitgenossen wie Piero Manzoni, Giulio Paolini oder Lucio Fontana sind vertreten. Das Belvedere widmete seinerzeit bei der Ausstellung das 21er-Haus ausschließlich der Minimal Art.

„Später waren wir fasziniert von der Konzeptkunst, weil es uns intellektuell interessiert hat. Das hat dazu geführt, dass wir zehn, zwölf Jahre nur noch Konzeptkunst gesammelt haben.“ Die Titzes setzten sich intensiv damit auseinander. „Das halbe Leben war Kunst kaufen, Künstler besuchen und lernen, lernen, lernen. Das ist das Wichtigste“, sagt Titze. Und so verbreiterte sich die Sammlung nach Minimal Art und Konzeptkunst sukzessive. Bei Thaddaeus Ropac stieß Titze erstmals auf Georg Baselitz. „Ich ging in der Galerie die Treppe hinauf, und da hing ein Selbstbildnis von Baselitz mit seiner Elke. Da haben wir gesehen, was für wunderbare figurative Kunst es gibt.“ Heute enthält die Sammlung viel große Namen: Baselitz, Anselm Kiefer, Gerhard Richter, Adrian Ghenie, Julie Mehretu, Yayoi Kusama, Sean Scully, Antony Gormley, Miriam Cahn, Günther Förg und viele mehr. Gut 200 Künstler umfasst die Sammlung, von jedem Künstler besitzen die Titzes mehrere Arbeiten. Im Belvedere wurden 95 Künstler und rund 150 Arbeiten gezeigt.

30 Millionen Euro müssen her

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