Klage gegen Republik Österreich wegen Outings von homosexuellem Iraner

Im Iran steht man als Homosexueller sehr einsam da. Schwulsein wird extrem tabuisiert und verfolgt. Das Symbolbild zeigt iranische Sicherheitskräfte.
Im Iran steht man als Homosexueller sehr einsam da. Schwulsein wird extrem tabuisiert und verfolgt. Das Symbolbild zeigt iranische Sicherheitskräfte. Imago / Morteza Nikoubazl
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Im Zuge eines Visaverfahrens in Teheran sollen die iranischen Behörden erfahren haben, dass ein in Österreich lebender iranischer Arzt schwul ist. Er und sein Partner klagen nun Österreich auf Schadenersatz, da Homosexuelle im Iran verfolgt werden. Bisweilen droht sogar die Todesstrafe.

Ein aus dem Iran stammender Arzt hat beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen eine Schadenersatzklage nach dem Amtshaftungsgesetz gegen die Republik eingebracht. Streitwert: 275.000 Euro. Hintergrund des Rechtsstreits sei ein von der österreichischen Botschaft in Teheran zu verantwortendes Verhalten, das den iranischen Behörden die Homosexualität des Arztes offengelegt habe, wie dessen Ehemann - ein IT-Unternehmer - am Freitag schilderte.

„Uns geht es insofern nicht ums Geld, als der Schaden, der dadurch angerichtet wurde, sich nicht mehr gutmachen lässt“, hielt der 34-Jährige fest. Sein aus einer wohlhabenden Familie stammender Partner - die beiden leben im Bezirk Gänserndorf (NÖ) - könne jetzt nie mehr in seine Heimat reisen und dort auch sein Erbe nicht antreten, weil er im Iran wegen des ungewollten Outings seines Lebens nicht mehr sicher sei. Homosexualität ist dort tabuisiert, homosexuelle Handlungen werden schwer bestraft, mitunter sogar mit der Todesstrafe: Seit der Islamischen Revolution 1979 wurden angeblich mehrere Tausend Schwule hingerichtet, der Menschenrechtsorganisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) zufolge zuletzt im Jänner 2022 zwei Männer.

„Verhör“ bei Visaerteilung

Der Iraner und der Österreicher hatten 2021 geheiratet, im Jahr darauf sollte die Familie des Arztes nach Wien kommen. Die Visaanträge der Angehörigen wurden allerdings nicht von der österreichischen Botschaft in Teheran bearbeitet, sondern an einen externen lokalen Dienstleister ausgelagert. Dessen Mitarbeiter hätten den Vater und die Schwester des Arztes regelrecht verhört und letztlich erfahren, dass der Mediziner mit einem Mann verheiratet ist, wie in der Klagsschrift ausgeführt wird. Die Interview-Gespräche wurden vermutlich auch von einer Kamera aufgezeichnet.

Für den Arzt und seinen Ehemann steht fest, dass der Iraner durch eine Person, die letztlich funktionell der Republik Österreich zuzurechnen ist, in eine bedrohliche Lage manövriert wurde. In der Klage ist von einer „für eine diplomatische Auslandsvertretung schier unverständlichen Verkennung der Situation“ die Rede, die „grob fahrlässig“ verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte des Mannes verletzt habe, nämlich das Recht auf Leben, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und den Schutz vor der Todesstrafe.

„Wir haben uns deshalb zur Klage entschlossen, weil das Außenministerium auf keine unserer Forderungen eingegangen ist. Man hat so getan, als wäre überhaupt nichts passiert“, erläuterte der Österreicher im Gespräch mit der APA. So habe man etwa den Verwandten des Iraners für den Fall künftiger Besuche in Österreich die visarechtlichen Hürden nicht erleichtert und es habe keine personellen Konsequenzen in der Vertretungsbehörde im Iran gegeben.

Finanzprokurator bestreitet Klagsbegehren

Die Finanzprokuratur bestreitet das Klagebegehren. Schutzpflichten nach der Europäischen Menschenrechtskonvention träfen nur den Gesetzgeber und nicht die Verwaltung, Verpflichtungen nach der EMRK hätten keine unmittelbare Wirkung für das behördliche Handeln der österreichischen Vertretungsbehörden. Zudem nenne die Klage keinen Beweis, dass die iranischen Behörden tatsächlich von der Homosexualität des Arztes erfahren hätten. (APA/red.)

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