Wissenschaft

Wo blieb Flug MH370?

So wie dieses Treibgut wurde ein Bruchstück des Flugzeugs besiedelt. Wo das Wrack liegt, könnten die Entenmuscheln zeigen.
So wie dieses Treibgut wurde ein Bruchstück des Flugzeugs besiedelt. Wo das Wrack liegt, könnten die Entenmuscheln zeigen. Steve Trewhella
  • Drucken

Entenmuscheln, die in ihren Schalen die Umwelt archivieren, sollen der Suche nach dem 2014 im Pazifik verschollenen Flugzeug einen neuen Weg weisen.

Am 8. März 2014 wich der in Kuala Lumpur gestartete Flug MH370 der Malaysia-Airlines von seiner geplanten Route nach Peking ab und verschwand mit 329 Menschen an Bord irgendwo in den Weiten des Pazifik, bis heute ist die Ursache nicht geklärt, bis heute konnte das Wrack trotz intensivster Suche nicht gefunden werden, 2017 wurden die Bemühungen eingestellt. Aber nun haben die Geoforscher Nasser Al Qattan (Kuweit University) und Gregory Herbert (University of South Florida) einen neuen Anlauf unternommen, sie analysierten einige der Lebewesen, die sich auf einem der wenigen angeschwemmten Flugzeugtrümmer – einer Flügelklappe, man fand sie etwa ein Jahr später auf der Insel Insel La Réunion im Indischen Ozean – angesiedelt hatten: Entenmuscheln. Die sehen aus wie Muscheln, sind aber keine, sondern gehören zu den Rankenfußkrebsen (Cirripedia), die sich irgendwo verankern, Entenmuscheln tun es mit einem Bein, die zweiten Mitglieder der Gruppe, Seepocken, kleben sich stattdessen fest.

Beide haben den Biologen viel Mühe gemacht – Darwin widmete ihrer Erkundung zehn Jahre –, und beide haben den Seefahrern viel Ärger bereitet und tun das heute noch: Sie setzen sich in dicken Schichten auf Schiffsrümpfe und bremsen die Fahrt – eine nach oben brach einmal gar durch ihre bloße Erwähnung ab, als Arbeitsministerin Christine Aschbacher sie reichlich absurd in ihre Dissertation einklebte –, sie verstopfen auch Leitungen, die Kühlwasser aus dem Meer holen. Aber man kann sie in vielfältiger Weise auch nutzen, weil sie, wie Muscheln, immer neue Schichten anlegen, in die vieles eingelagert wird. Deshalb eignen sie sich etwa zum Umweltmonitoring, für Schwermetalle (Marine Environmental Research 2, S. 91), für organische Schadstoffe (Chemosphere 263, 12872), für Mikroplastik (Marine Pollution Bulletin 154, 111081).

Verweildauer von Leichen im Wasser

Und nicht nur, was sie einlagern, sondern auch, was bzw. wen sie besiedeln, macht sie als Zeugen für verschiedenste Forscher interessant, für Forensiker etwa: Unter ihnen hat vor allem Paola Magni die Entwicklung voran getrieben, die schon als Biologiestudentin in Turin 2012 von einem Pathologen zu Hilfe gerufen wurde, der mit zwei Wasserleichen zu tun hatte. Die eine hatte man aus dem Meer gezzogen, die andere war an einem Strand angespült worden, beide waren schon so stark zersetzt, dass ihre Körper kaum Anhaltspunkte mehr boten. Aber ihre Kleidung war mit Entenmuscheln besiedelt, vor allem die Schuhe waren es. Magni nahm diese Spur auf, sie erhob die Meerestemperaturen der Fundregionen und vertiefte sich in die – spärliche – Fachliteratur über die Wachstumsraten von Entenmuscheln, daraus schloss sie auf eine Verweildauer der Körper im Wasser von 65 bis 90 Tagen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.