Gericht

21-Jähriger zu 15 Jahren Haft wegen Mordversuchs in der U-Bahn verurteilt

APA / Georg Hochmuth
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Der junge Mann schlug einen Trafikanten bewusstlos und trat im Anschluss noch gegen seinen Kopf. Er bestritt, dass er ihn habe töten wollen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ein 21-Jähriger ist am Mittwoch am Wiener Landesgericht wegen versuchten Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll am 4. Jänner 2023 in einer U-Bahn-Garnitur einen 63 Jahre alten Fahrgast k. o. geschlagen haben und dem bewusstlos am Boden liegenden Mann wiederholt auf den Kopf und auf die Brust gesprungen sein. Zusätzlich wurde der junge Mann in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dem Angeklagten sei es „einfach um die Vernichtung des Gegenübers, das Ausleben der Aggressionen“ gegangen, sagte der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bei der Erörterung seines Gutachtens. Der Angeklagte bekräftigte dagegen in seinem Schlusswort: „Ich weiß hundertprozentig, ich wollte niemanden umbringen.“ Die Geschworenen sahen das mehrheitlich anders, der Schuldspruch fiel im zentralen Punkt der Anklage mit 5:3 Stimmen im Sinn der Anklage aus. Zu drei weiteren, von der Anklage mitumfassten gewalttätigen Angriffen ergingen jeweils einstimmige Schuldsprüche wegen schwerer Körperverletzung.

„Durchaus lebensgefährliche Verletzungsfolgen“

Die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum sei „völlig alternativlos“, meinte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung unter Verweis auf das psychiatrische Gutachten. Der 21-Jährige erbat nach Rücksprache mit Verteidiger Johannes Maximilian Fouchs Bedenkzeit, Staatsanwältin Tatjana Spitzer-Edl hab keine Erklärung ab.

Der 21-Jährige hatte am 4. Jänner in der U3 den 63 Jahre alten Mann - ein Trafikant, der sich am Heimweg von der Arbeit befand - in der U3 zunächst mit Faustschlägen ins Gesicht bewusstlos geschlagen. Dieser hatte ihn davor gebeten, nicht so breit dazusitzen, um neben ihm Platz nehmen zu können. Danach stampfte er mit voller Wucht auf den Kopf und den Oberkörper des hilflos am Rücken Liegenden ein. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk bezeichnete das als „multiple, sehr heftige stumpfe Gewalteinwirkung“. Diese habe „durchaus lebensgefährliche Verletzungsfolgen“ erwarten lassen.

Das Opfer erlitt eine Gehirnerschütterung mit länger dauernder Erinnerungslücke, einen Bruch des Brustbeines, Brüche des rechten Schlüsselbeines und der ersten rechten Rippe, eine Fraktur des Nasenbeins mit Eindrückung des linken Anteils der Nasenbeinpyramide sowie Prellungen und Blutunterlaufungen im gesamten Kopf- und Gesichtsbereich.

„Wie man einen Luftballon zerplatzen will“

Die Staatsanwaltschaft ging von - zumindest bedingtem - Tötungsvorsatz aus. Der Angeklagte sei auf den Mann gesprungen, „wie man einen Luftballon zerplatzen will“, meinte die Anklagevertreterin. Damit habe er billigend den Tod des Opfers in Kauf genommen. Der gegen den 63-Jährigen gerichtete Gewaltexzess hörte erst auf, als ein anderer Fahrgast eingriff und den Täter zur Seite schob.

Das im Ermittlungsverfahren eingeholte psychiatrische Gutachten bescheinigt dem jungen Mann eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, die „nachhaltig und anhaltend“ sei, wie der Sachverständige nun den Geschworenen darlegte. Der 21-Jährige sei zwar zurechnungsfähig, aber infolge seiner Persönlichkeitszüge derart gefährlich, dass ohne haftbegleitende therapeutische Maßnahmen nach seiner Entlassung „mit Kapitalverbrechen zu rechnen ist“, wie der Gerichtspsychiater ausführte. Der Angeklagte sei nach dem Motto „Jeder, der schräg schaut, kriegt eine ins Gesicht“ vorgegangen.

Schwierige familiäre Verhältnisse

Der junge Mann stammt aus schwierigen familiären Verhältnissen. Er wuchs fremduntergebracht auf, hat keine Ausbildung abgeschlossen und war zuletzt ohne feste Bleibe. Die Gefahr, die von ihm ausgeht, zeigt sich auch darin, dass drei weitere Gewalttaten von der Anklage mitumfasst sind. Er hatte schon am 29. und am 31. Dezember aus nichtigem bzw. ohne erkennbaren Anlass zwei Männer mit Faustschlägen attackiert und beiden die Nase gebrochen. Der eine hatte ihm keine Zigarette gegeben, der andere war einfach an einer Bushaltestelle gestanden. Am 10. Jänner erschien er beim Arbeitsplatz seiner Ex-Freundin und verlangte eine Aussprache. Als der Chef der Frau ihn wegschickte, weil diese den 21-Jährigen nicht sehen wollten, bekam dieser einen Faustschlag ins Gesicht.

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