Potrait

Amtsantritt im Fußball-Olymp

Neues Bayern-Gesicht: Christoph Freund.
Neues Bayern-Gesicht: Christoph Freund. APA
  • Drucken

Ab Freitag ist Salzburg-Mastermind Christoph Freund verantwortlicher Sportchef des FC Bayern. Doch allein mit dem Auge für Talente wird er in München nicht reüssieren können.

Eigentlich erstaunlich, dass sich der FC Bayern nicht schon früher an der nur gut 140 Autobahnkilometer entfernten Talenteschmiede im benachbarten Salzburg bedient hat. Erling Haaland oder Karim Adeyemi sind nur zwei Beispiele für hochbegabte ehemalige Red-Bull-Profis, die auch in München ohne Weiteres auf Torjagd hätten gehen können, inzwischen aber bei der Konkurrenz für Aufsehen sorgen. Sadio Mané ist im Vorjahr immerhin über Umwege in Bayern gelandet, aber da war der Glanz des Ex-Salzburgers längst verblasst gewesen.

Nun haben sich die Bayern aber gleich das Mastermind des österreichischen Serienmeister geholt. Christoph Freund hat einen Vierjahresvertrag als Sportdirektor unterschrieben und tritt heute seinen Dienst an der Säbener Straße an – nach einer 17-jährigen Ära in Salzburg, die dem Verein nicht nur beachtliche sportliche Erfolge, sondern auch bedeutende Transfereinnahmen bescherte.

Anlässlich von Freunds emotionaler Verabschiedung beim Heimspiel gegen die Wiener Austria flossen am 14. August die Tränen. Die Fans spendeten ihm warme Worte, er revanchierte sich gewissermaßen mit einem Abschiedsgeschenk: der Vertragsverlängerung von Goalgetter Karim Konate, der schon bald die Salzburger Transferdimensionen sprengen könnte.

Der Tischler aus Leogang

Haaland, Adeyemi, Dominik Szoboszlai, Brenden Aaronson oder Benjamin Sesko – sie alle wurden von Freund geholt und höchst gewinnbringend verkauft. In seiner Amtszeit spielte man ein kolportiertes Transferplus von rund 400 Mio. Euro ein und schraubte damit auch die Abhängigkeit von Sponsor Red Bull zurück, der nach seinem Einstieg 2005 lange Jahre zugleich als Eigentümer fungierte.

Auch damals war Freund schon mit von der Partie. Ein Jahr nach dem Einstieg des Getränkekonzerns heuerte der Zweitligakicker (Untersiebenbrunn, Wattens) aus Leogang als Teammanager an – nur wenige Jahre, nachdem er die elterliche Tischlerei nach dem plötzlichen Tod seines Vaters neu hatte aufstellen müssen. „Ich habe mir gedacht, dass es eine coole Geschichte ist, bei einem Verein in der Findungsphase mitzuarbeiten“, erinnerte sich Freund. Wohin das noch führen würde, war für den Quereinsteiger damals alles andere als eindeutig. „Ich hatte keinen Karriereplan.“

Der Vorteil: „Ich habe alles von der Pike auf gelernt. Und ich durfte plötzlich mit vielen Leuten zusammenarbeiten, die ich damals nur aus dem TV gekannt habe, wie etwa Giovanni Trapattoni, Lothar Matthäus oder Alex Zickler.“ Dass er einst jener Mann sein würde, der mit Salzburg den „Champions-League-Fluch“ bricht, hätten damals nur wenige prophezeit.

Selbst 2015, als er den heutigen ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick („Man kann ihn schon als meinen Lehrmeister bezeichnen“) nach dessen Weichenstellungen als Sportdirektor beerbte, schien die Öffentlichkeit nicht überzeugt. In der Europa-League-Quali scheiterte man an Dinamo Minsk und trennte sich später von Trainer Peter Zeidler. „Da haben viele schon gesagt, dass die Fußstapfen für mich zu groß sind. Das war eine harte, prägende Zeit.“

Stars oder Nachwuchs?

Sieben Jahre später ist Freund ein international begehrter Mann. 2022 noch widerstand er dem Lockruf von Chelsea, bei den Bayern wurde er nun aber schwach. „Der Klub steht für Werte, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann“, sagte Freund bei der Präsentation in München am Mittwoch. Auch die Nähe zu Salzburg und zur Familie, die in der Heimat bleibt, spielte dabei eine Rolle. „Es wird ganz, ganz spannend. Es ist eine andere Herangehensweise, eine andere Ausrichtung“, meinte Freund, der allein mit der Verpflichtung von Rohdiamanten in München nicht reüssieren wird können.

In München erwartet man sich vom Talente-Entdecker und Nachwuchs-Förderer aber ähnliche Leistungen. „Wir erhoffen uns weiterhin das Auge, das er in den letzten Jahren hatte“, sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen. Freund, der Dreesen zufolge „die sportliche Richtlinienkompetenz“ hat, weiß freilich, dass der Sprung für Talente ins Profiteam beim FC Bayern deutlich größer ist als bei seinem Ex-Klub. Trotzdem sagte er: „Auf Sicht gesehen ist es wichtig, Talente zu entdecken und nicht nur teure Stars zu holen.“ Er freue sich auch sehr auf einen engen Austausch mit Trainer Thomas Tuchel. 

Freund ist praktisch Nachfolger von Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic, der im Mai gehen musste und 2017 ebenfalls als Sportdirektor begonnen hatte. Zu einem möglichen Aufstieg in den Vorstand äußerte er sich zurückhaltend. „Dinge ergeben sich“, sagte Freund. Auch in Salzburg habe er keinen Karriereplan gehabt. (red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.