Talk auf der Alm

Partizipation: Die Kunst der Mitbestimmung

Auf dem Weg zum Talk auf der Alm im Rahmen des Europäischen Forums in Alpbach.
Auf dem Weg zum Talk auf der Alm im Rahmen des Europäischen Forums in Alpbach.Christian Hohlrieder (4)
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Teilhabe bedeutet Identifikation und Verantwortung. Sie ist kein Selbstzweck, sondern soll Unternehmen dienen.

Viele Unternehmen wünschen sich unternehmerisch denkende Mitarbeiter, die engagiert sind, ihre Arbeit mit Herzblut verrichten sowie realisierbare Ideen liefern, die schlussendlich dem Wohl des gesamten Unternehmens dienen. Partizipation lautete das Stichwort beim Talk auf der Alm im Rahmen des Forums Alpbach, zu dem „Die Presse“ zum achten Mal geladen hatte. Diskutiert wurde unter anderem über die Fragen: Welchen Nutzen stiftet Partizipation? Was muss eine Organisation leisten, damit Partizipation sinnvoll stattfinden kann? Welche Skills brauchen Mitarbeitende und Führungskräfte dafür? Und wo liegen die Grenzen?

»Partizipation braucht es dort, wo innovative Prozesse gefördert werden sollen.«

Oliver Suchocki

EY People Advisory Services

„Aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht steht Partizipation für eine humane Arbeitsgestaltung, die Mitarbeiter motiviert, deren Persönlichkeitsent- wicklung fördert und für psychisches Wohlbefinden sorgt“, sagt Christine Unterrainer vom Institut für Psychologie an der Universität Innsbruck. Es gehe darum, drei Grundbedürfnisse von Mitarbeitern zu stillen, jene nach Autonomie, Kompetenz und Zugehörigkeit. Der Idealfall sei, wenn Unternehmer ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, das eigene Verhalten und Handeln zu wählen, sie in die Lage versetzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten selbstbewusst einzusetzen, und damit ein Gefühl von Zugehörigkeit zur Organisation generieren.

„Ein wesentlicher Faktor ist die emotionale Bindung, die Mitarbeiter zu ihrem Unternehmen entwickeln, wenn sie das Gefühl haben, kompetent mitbestimmen zu können“, sagt Unterrainer. Was bei operativen, arbeitsplatzbezogenen Entscheidungen (etwa Urlaubsplanung) relativ einfach zu bewerkstelligen ist, lässt sich bei taktischen (Vorgesetzte wählen, neue Teammitglieder bestimmen) oder gar strategischen Entscheidungen schwerer umsetzen.

»Partizipation bedeutet Empowerment der Mitarbeiter und Einstehen für eigenes Handeln.«

Ralf-Wolfgang Lothert

JTI Austria

Wie komplex das Unterfangen ist, eine Organisation auf Partizipation umzustellen, weiß man beim internationalen, mehr als 45.000 Mitarbeitende zählenden Tabakunternehmen JTI. „Wichtig ist es, vorab zu definieren, wie weit Mitbestimmung gehen und in welchen Unternehmensbereichen dieses Prinzip verankert werden soll“, sagt Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der JTI-Geschäftsleitung. Das verlange nach einem überlegten Change­prozess, und es brauche Business Literacy, um mitreden zu können. Mitarbeitende müssen geschult werden, es gilt Zusammenhänge zu erläutern, damit die Partizipation funktionsübergreifend Früchte trägt.

„Partizipation bedeutet zwar Empowerment, aber bei agilen Teams stellt sich dann auch die Frage der Verantwortung.“ Partizipation, so Lothert, sei weder Basisdemokratie auf allen Ebenen noch für einen fröhlichen Debattierklub. Und: „Es braucht Führungskräfte, die diese Entwicklung strategisch implementieren und mittragen.“

Eignung und Vertrauen

Dass Partizipation sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeiter nicht nur ein Wunschszenario ist, sondern zugleich die Beteiligten vor Herausforderungen stellt, betont auch Oliver Suchocki, Partner EY People Advisory Services: „Nicht alle sind für ein System der Mitbestimmung geeignet. Die Selbststeuerung kann Menschen auch überfordern. Manche Mitarbeiter brauchen Führung und Vorgaben – und manche Unternehmer tun sich schwer, Verantwortung und Entscheidungen zu delegieren.“ Was es also benötigt, sind die richtigen Menschen an den richtigen Stellen, ein Regelwerk, Lösungsorientierung als Grundhaltung sowie eine gesunde Portion Vertrauen in andere.

»Mitbestimmung motiviert, fördert Persönlichkeitsentwicklung und psychisches Wohlbefinden.«

Christine Unterrainer

Universität Innsbruck

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