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Biokrusten: Die Haut der Erde

Die Atacama ist die unwirtlichste aller Wüsten. Aber selbst hier gedeihen Biokrusten.
Die Atacama ist die unwirtlichste aller Wüsten. Aber selbst hier gedeihen Biokrusten. (c) Braunsfurth/Chrom Orange/picturedesk.com
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Selbst in den trockensten Regionen hat sich Leben festgesetzt, in Form von Biokrusten. Die sind unscheinbar, haben aber viele Funktionen.

Die unwirtlichste und dem Mars ähnlichste Region der Erde zieht sich am Westrand Südamerikas über 1200 Kilometer, sie ist die trockenste und älteste aller Wüsten – es gibt sie seit 150 Millionen Jahren –, sie hat extreme Temperaturschwankungen und UV-Belastungen und ist mit versalzenen Böden geschlagen: Die Atacama. Die spanischen Konquistadoren nannten sie „Gran Desplandado“ – große Einöde –, Darwin urteilte auf seiner Weltumsegelung 1835, dass unter diesen Bedingungen „nichts existieren“ könne.

Aber er hat nicht genau genug hin gesehen, das ging viel später auch Forschern so, die für die NASA dort Experimente wiederholten, die auf dem Mars – im Rahmen der Viking-Mission – keinerlei Spuren von Leben gezeigt hatten, sie blieben auch in der Atacama erfolglos: Dort seien „die Grenzen des Überlebens in extremen Umwelten überschritten“, urteilte 2003 Rafael Navarro-González (Mexiko City) in Science (302, S. 1018). Aber sie sind es nicht: Selbst in den trockensten Regionen gibt es Bakterien, Michael Goodfellow (Newcastle) sichtete bisher 40 Arten und hofft, dass sie unter den extremen Bedingungen Wirkstoffe entwickelt haben, die sich als neue Antibiotika eignen (Scientific Reports 9: 4678).

Biokrusten bilden Böden und halten sie zusammen

Und es gibt nicht nur einzelnen Bakterien, es gibt, zumindest in nebliger Küstennähe, auch Gemeinschaften verschiedenster Lebewesen: Hinter denen war, wie schon in vielen anderen Wüsten, 2017 Burkhard Büdel (Kaiserslautern) her, er hatte seine Augen auf dem hellen Boden und schenkte dunklen Steinstückchen („grits“) keine Aufmerksamkeit. Aber sein Student Patrick Jung hob eines auf und benetzte es mit Wasser: Es wurde größer und grün, und es emittierte Sauerstoff (Quanta Magazine 12. 7.). Denn auf den „grits“ gedieh eine Gemeinschaft aus Flechten, Algen, Pilzen und Cyanobakterien, die Fotosynthese betreiben. Ähnliche Biozenösen gibt in vielen Trockengebieten der Erde, die erstrecken sich über 40 Prozent der Kontinente, und auf 12 Prozent davon ist das, was von der Wissenschaft lange übersehen wurde und erst 1993 von der US-Geologin Jane Belnap den Sammelnamen „Biokrusten“ erhielt, emphatischer nennt man es „Haut der Erde“.

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