Die US-Justiz bestrafte Bradley Manning – und zielte auf die Snowdens dieser Welt.
Irgendwo in Russland wird Edward Snowden das Urteil gegen Bradley Manning genau verfolgt haben. Denn der wegen Geheimnisverrats verurteilte US-Soldat galt dem 30-jährigen Enthüller des weitmaschigen Überwachungssystems der US-Geheimdienste als Inspiration, wie er selbst eingestand. Da ihn das Schicksal des naiven Idealisten abgeschreckt hatte, floh Snowden denn auch aus den USA – freilich just ins Reich des Wladimir Putin, seines Zeichens alles andere als ein Gralshüter der Meinungsfreiheit.
Die Snowdens und Assanges dieser Welt hatte die US-Justiz im Visier, als sie anhand des Gefreiten Manning ein Exempel statuierte – ein Präzedenzfall für alle künftigen Aufdecker von aufklärungswürdigen Missständen und dubiosen Staatsgeheimnissen. Obwohl das Militärtribunal von der Todesstrafe und der Höchststrafe absah, lautete die unmissverständliche Botschaft: Wir kennen keinen Pardon mit Verrätern.
Das hielten die USA als selbst deklarierter Hort der Presse- und Meinungsfreiheit einst anders. In den aufgeladenen Zeiten des Vietnam-Kriegs der frühen 1970er-Jahre tobte Präsident Richard Nixon zwar über die Enthüllung der „Vietnam papers“, doch der „Whistleblower“ Daniel Ellsberg blieb von der Justiz verschont. Die Obama-Regierung verhält sich diametral zu ihren Ankündigungen vor Amtsbeginn, um in der heiklen Frage der nationalen Sicherheit nur ja nicht den Eindruck von Schwäche zu erwecken – und den Republikanern Schützenhilfe zu geben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2013)