Irgendwo auf der Welt stirbt gerade ein Kätzchen

Irgendwo Welt stirbt gerade ein Kätzchen
Irgendwo Welt stirbt gerade ein KätzchenAPA/Barbara Gindl
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Wie man eine Diskussion abwürgt: Sagen "das ist mir wurscht!"

Der Widerspruch ist es, der uns produktiv macht. Ein schöner Leitsatz, den man sich von Goethe entlehnen darf. Tatsächlich sind es gerade Momente der intensiven Debatte, in denen der Geist sich zu wahren Höhenflügen emporschwingt. Ob man am Ende des argumentativen Wettstreits nun siegt oder unterliegt, ein Gewinn ist es in der Regel für alle. Soweit die Theorie. Die Praxis bringt dagegen vermehrt jene Mitdiskutanten hervor, deren argumentative Höchstleistung sich im oberflächlichen Verächtlichmachen anderer erschöpft – ob das nun gesprochen oder geschrieben passiert. Wessen stichhaltigstes Argument in einem Internetforum zu einer Fußgängerzone das kindlich-bösartige Spiel mit dem Namen der zuständigen Stadträtin darstellt, der erfüllt definitiv nicht die Mindestanforderungen für ein sinnvolles Gespräch. Damit es die angesprochene Spezies auch versteht: Nein, „Vassilakuh“ ist kein sinnvoller Beitrag zur Lösung verkehrspolitischer Probleme.

Es muss aber gar nicht immer die primitiv geschwungene verbale Holzkeule sein, die eine Debatte flugs abwürgt. Dann nämlich, wenn die Diskussion gerade am Kochen ist, beide Seiten vor Begeisterung sprühend eine Argumentationssalve nach der anderen abfeuern, sich von gegenseitigem Respekt getragener Widerspruch zu mächtigen Wolken aufbaut, auf dass am Ende mit Donner und Blitz ein reinigender Gewitterschauer daraus niedergehen möge. Und genau in jenem Moment, kurz vor der Entladung, ein bis dato Unbeteiligter nüchtern festhält: „Mir ist das Thema wurscht.“ Oder auch: „Gibt es nichts Wichtigeres, über das man diskutieren kann?“

All jenen ignoranten Verbaldämpfern sei eine goldene Regel ins Stammbuch geschrieben: Immer, wenn jemand sagt, dass ihm ein Thema wurscht ist, stirbt irgendwo auf der Welt ein kleines Kätzchen! Aber wahrscheinlich ist euch das auch wieder wurscht...

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2013)

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