Handel: Ein Liter Milch aus dem Netz

Lebensmittel online in den Einkaufswagen laden – für viele noch eine seltsame Vorstellung.
Lebensmittel online in den Einkaufswagen laden – für viele noch eine seltsame Vorstellung.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Lebensmittel gehörten bisher zu den Produkten, die sich online am schwersten verkaufen lassen. Billa will das nun ändern.

Wien. Nie wieder im Samstagstrubel mit Kind und Kegel im Supermarkt an der Kassa Schlange stehen müssen: Für viele eine höchst angenehme Vorstellung. Trotzdem ist der Anteil der Kunden, die ihre Lebensmitteleinkäufe online erledigen, in Österreich verschwindend gering. Nur zwei Prozent des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel werden laut Marktforschungsinstitut RegioPlan online lukriert – im Vergleich zu 28 Prozent beim Buchhandel und 16 Prozent bei Bekleidung.

Doch das könnte sich bald ändern: Die Supermarktkette Billa (Rewe) hat gerade ihren Onlineshop generalüberholt und startet jetzt eine Werbeoffensive. „Wir hatten in den letzten Jahren im Onlinebereich Wachstumszahlen von 300 Prozent. Die Zeit war reif, den nächsten Schritt zu tun“, sagt Billa-Vorstand Josef Siess.

Am Onlineshop habe man die Optik und die Gebrauchsfreundlichkeit verbessert, sagt Billa-Vorstandssprecher Volker Hornsteiner: „Es gibt jetzt eine Suchfunktion, Warenkörbe können abgespeichert werden, das Sortiment wurde auf 5000 Produkte erweitert.“ Zum Vergleich: In einer durchschnittlichen Billa-Filiale stehen 8000 Artikel zur Verfügung.

Vorerst wird nur Wien inklusive Speckgürtel beliefert. Nächstes Jahr will man sich auf Graz und Linz fokussieren. „Eine flächendeckende Zustellung in ganz Österreich wäre aber finanziell nicht zu bewältigen“, so Siess.

Sechs Euro für die Zustellung

Das Onlinesortiment umfasst auch logistisch schwierige Produkte wie Obst, Gemüse und Tiefkühlware, bei der die Kühlkette eingehalten werden muss. Die Lieferung vor die Haustüre kostet 5,99 Euro. Pro Tag gibt es vier Zustellfenster zu je drei Stunden. In dieser Zeit muss jemand zu Hause sein und Ware entgegennehmen.

Die Preise im Internet sollen sich nicht von den Filialpreisen unterscheiden – allerdings gibt es derzeit online keine Aktionen. Bezahlt werden kann in bar (bei der Lieferung) und demnächst auch mit Kreditkarte. Gegenwärtig beliefert Billa etwa 1000 Onlinekunden pro Woche. Der Wert eines Online-Einkaufs liege bei etwa 80 Euro, ein Filialeinkauf bei 13 Euro.

Werner Wutscher, ehemaliger Rewe-Vorstand und jetzt Finanzier und Berater von Start-ups, hält das Onlinekonzept von Billa für nicht ausgereift genug: „Derzeit reicht es nicht, einfach nur Lebensmittel online zu stellen und dem Kunden keinen zusätzlichen Mehrwert zu bieten.“ Mittelfristig gebe es aber ein Onlinemarktpotenzial von bis zu zehn Prozent.

Billa sieht die Hauptzielgruppe für den Onlineshop bei jungen Menschen mit Zeitmangel. Aber auch für ältere oder aus anderen Gründen nicht mehr so mobile Menschen könne das Service attraktiv sein.

Konkurrenz für Billa beziehungsweise Rewe vonseiten der anderen Supermärkte gibt es derzeit noch kaum. Bei Spar werden außer Wein nur Non-Food-Artikel wie Haushaltsgeräte und Spielwaren online verkauft. Allerdings: Auch Amazon verkauft Lebensmittel. Nur im Gegensatz zu Billa ausschließlich Trockensortiment.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2013)

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