Bildung: Dänen waren nicht konfliktscheu

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Symbolbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Um das Niveau zu heben, müssen dänische Kids länger in die Schule und Lehrer mehr arbeiten. Trotz Widerstands der Gewerkschaft.

Kopenhagen/GAM. Dänemark hat sich international als reformfreudiges Land einen Namen gemacht, und um notwendige Schritte durchzuführen, werden auch harte Bandagen nicht gescheut. So hat man ein attraktives, aber teures Modell der Frühpensionierung so verschlechtert, dass es kaum noch jemand in Anspruch nehmen wird. Das Pensionsalter wurde an die Lebenserwartung gekoppelt. Es kann steigen, ohne dass jede Verlängerung der Lebensarbeitszeit verschleißende politische Debatten erfordern würde. Der Bezug von Arbeitslosengeld wurde in zwei Schritten von international einzigartigen sieben erst auf vier und dann auf zwei Jahre gekappt. Unter 30-Jährige bekommen keine Stütze, sondern müssen sich weiter ausbilden. „Wir laufen Reform-Amok“, sagte Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt selbstgefällig, als sie das dänische Modell im EU-Kreis als Vorbild präsentierte.

Ziel des „Amoklaufs“ waren die Schulen. Nach den PISA-Ergebnissen, bei denen die Dänen im Lesevergleich und bei den Naturwissenschaften im hinteren Mittelfeld zottelten, war klar, dass neben Grundkompetenzen des bisherigen Modells – Förderung von Kooperation und Selbstständigkeit – auch fachliches Niveau angehoben werden musste. Deshalb wurde die Unterrichtszeit ab 2014 für die ersten drei Klassen auf 30 – für die letzten drei der neunjährigen Gesamtschule auf 35 Wochenstunden angehoben. Englisch gibt es ab der ersten Klasse, der Dänisch- und Mathe-Unterricht wird ausgebaut, täglich gibt es eine Sportstunde. Nach Schulschluss müssen Nachhilfe-Cafés angeboten werden, wo Schüler Hausarbeiten erledigen können.

Direktoren dürfen Arbeitszeit bestimmen

Um die Budgets nicht zu belasten, war ein Eingriff in das bisherige Arbeitszeitmodell der Lehrer nötig, das eine fest bemessene Vorbereitungszeit pro Stunde und Schüler vorsah und so die Unterrichtszeit auf bis zu 16 Wochenstunden reduzieren konnte. In einem ungewöhnlichen Arbeitskampf erzwang die Regierung im Frühjahr das Ende dieser Regelung: Öffentliche Arbeitgeber sperrten die 69.000 Volksschullehrer aus, die auf ihren Rechten beharrten. Nach vier Wochen „Sonderferien“ diktierte die Regierung den Lehrern ein neues Modell auf gesetzlichem Weg – dies ist möglich, wenn es zu keiner Einigung kommt.  Künftig könne Direktoren Arbeitszeit und Aufgaben verteilen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2013)

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