Koalitionspoker: Faymann startet ohne Bedingungen

Koalition Gegenstimme Faymann
Koalition Gegenstimme Faymann(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Ab heute verhandeln SPÖ und ÖVP über eine neue Regierung. Der Kanzler drückt aufs Tempo, wird aber "Rücksicht nehmen" auf die ÖVP. Vorarlbergs SPÖ-Chef Ritsch stimmte in den SPÖ-Gremien gegen Rot-Schwarz.

Wien/Ett. „Keine Experimente, sondern Stabilität“: Wenn es nach Bundeskanzler und SPÖ-Chef Faymann geht, wird es auch künftig eine rot-schwarze Bundesregierung geben – und das recht „zügig“, um vor Weihnachten zu einem Abschluss zu kommen. SPÖ-Präsidium und SPÖ-Bundesvorstand legten sich am Montag auf Koalitionsverhandlungen nur mit der ÖVP fest. Diese werden schon heute, Dienstag, mit einer ersten Runde der Koordinierungsgruppe aufgenommen. Am Mittwoch beginnt die Arbeit in Untergruppen, am kommenden Dienstag tagt erstmals die große Koalitionsrunde mit jeweils 13 Mitgliedern von SPÖ und ÖVP.

Stimme für Grüne oder Neos als Partner

Zuvor scherte in der SPÖ jedoch Einer aus: Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch stimmte dagegen. Er ist gegen ausschließliche Gespräche der SPÖ mit der ÖVP und eine bloße Fortsetzung der rot-schwarzen Regierung. Ritsch, der 2014 Landtagswahlen zu schlagen hat, ist für Grüne oder Neos als zusätzliche Koalitionspartner der SPÖ mit der ÖVP. Faymann zeigte sich jedenfalls „froh“ über die breite Zustimmung in den Parteigremien.

Der Bundeskanzler signalisierte der ÖVP dann nach SPÖ-Vorstand am Montagabend Konsensbereitschaft: „Es gibt keine Bedingungen, die irgendwie als Erpressungen zu werten sind.“ Schon zuvor hatte er versichert, er wolle auf die ÖVP „Rücksicht nehmen“ bei den Koalitionsverhandlungen. Nachdem die SPÖ keine absolute Mehrheit habe, sei das Wichtigste „aufeinander zu- und nicht wegzugehen“.

Seine eigene Partei wird ihm dabei auf die Finger schauen: Denn bei vielen SPÖ-Politikern – nicht nur bei Ritsch – bestehen weiter Befürchtungen, Faymann könnte für eine Neuauflage von Rot-Schwarz mangels Verhandlungsalternative zu große Zugeständnisse machen. Wiens SPÖ-Chef Michael Häupl schließt eine Dreierkoalition ÖVP-FPÖ-Stronach nach wie vor nicht aus. Oberösterreichs SPÖ-Chef Josef Ackerl plädiert sogar für Neuwahlen, sollte die ÖVP durch den Wechsel mehrerer Abgeordneter des Teams Stronach stärkste Partei werden.

>> Grafiken: Rot-schwarzer Verhandlungspoker

Auf SPÖ-Seite wird es ein Trio zur Koordinierung der Verhandlungen geben: Faymann, Staatssekretär Josef Ostermayer und Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Zu den Großprojekten zählen für die SPÖ ein Bildungspaket, eine Steuerreform mit der Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen, ein Investitionsprogramm zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Änderungen in der Verwaltung von Bund und Ländern.

Die 13 roten Verhandler: Faymann, Ostermayer, Hundstorfer, die Ministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Doris Bures, die Minister Gerald Klug und Alois Stöger, Staatssekretär Andreas Schieder, Klubchef Josef Cap, SPÖ-Gewerkschafter Wolfgang Katzian, Burgenlands Landeschef Hans Niessl, Oberösterreichs Parteichef Josef Ackerl sowie Pensionistenchef Karl Blecha. Die SPÖ hat außerdem fixiert: Barbara Prammer soll Nationalratspräsidentin bleiben.

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Breite Mehrheit gegen Urabstimmung

Mit drei Gegenstimmen wurde am Montag im SPÖ-Vorstand der Vorschlag angenommen, dass letztlich auch im Vorstand über den Koalitionspakt abgestimmt wird. Parteiintern ist vor allem von den Jungen zuvor eine Urabstimmung gefordert worden. Bemühungen der „Sektion 8“ für eine Urabstimmung gestalten sich laut Austria Presse Agentur schwierig: Nur 57 oft kleinere Organisationen von 500 signalisierten Unterstützung.

Zwischen SPÖ und ÖVP gab es am Montag neue Reibereien: Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wollte neben der Meldung des Budgetplans für 2014 an die EU-Kommission im heutigen Ministerrat ein gesetzliches Budgetprovisorium für 2014 beschließen lassen, um Zahlungsschwierigkeiten zu vermeiden. Die SPÖ hielt ein automatisches Provisorium für ausreichend. Einen Rekord gibt es am Dienstag zu feiern: Das Kabinett Faymann hält die 200. Regierungssitzung. Hauptgrund ist die Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre. Bisher lag Schwarz-Blau von 2003 bis 2007 mit 150 Sitzungen voran.

Verhandlungsteams

Das Team der SPÖ

Pareichef Werner Faymann, Staatssekretär Josef Ostermayer und Sozialminister Rudolf Hundstorfer werden das Trio zur Koordinierung der Verhandlungen geben. Daneben gehören die Ministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Doris Bures, die Minister Gerald Klug und Alois Stöger, Staatssekretär Andreas Schieder, Klubchef Josef Cap, SPÖ-Gewerkschafter Wolfgang Katzian, Burgenlands Landeschef Hans Niessl, Oberösterreichs Parteichef Josef Ackerl sowie Pensionistenchef Karl Blecha zum Verhandlungsteam.

Das Verhandlungsteam der ÖVP

Das schwarze 13-köpfige Team wird von Parteichef Michael Spindelegger angeführt. Hinter ihm folgen die Landesparteichefs Josef Pühringer (OÖ), Wilfried Haslauer (Salzburg) und Hermann Schützenhöfer (Steiermark). Dazu kommen seitens der Bünde die Obleute Christoph Leitl (Wirtschaftsbund), Jakob Auer (Bauernbund) und Andreas Khol (Seniorenbund). Außerdem verhandeln Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Finanzministerin Maria Fekter sowie die Staatssekretäre Reinhold Lopatka und Sebastian Kurz sowie Klubobmann Karlheinz Kopf. Dazu gibt es ein Kernteam zur Koordinierung der Verhandlungen, bestehend aus Spindelegger, dessen Kabinettschef Jochen Danninger sowie Lopatka.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2013)

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