Für Musik gibt es gleich zwei "Nobelpreise"

Was machen Weltstars mit dem vielen Geld, das ihnen Stiftungen für ihr Lebenswerk übermitteln?

Preise, Ehrungen. Aus dem Wust der jüngsten Meldungen ragen einige heraus, die eine alte Frage neu beleben: Warum nur hat Alfred Nobel seinerzeit nicht an die Musik gedacht? Literatur, gut und schön. Aber wie fein wäre es, wenn sich auch die Musikfreunde wie die engagierten Leser und Leserinnen Jahr für Jahr fragen dürften: Warum hat denn mein Favorit schon wieder nicht die begehrte Auszeichnung erhalten?

Es gibt ja Bestrebungen, Abhilfe zu schaffen. Zum Beispiel hat die Ernst-von-Siemens-Musikstiftung einen hoch, sehr hoch sogar dotierten Preis ins Leben gerufen, der häufig mit dem Dynamitverwertungsentgelt verglichen wird.

In dem Moment, in dem eine solche Ehrungsmaschinerie angeworfen wird, folgen sogleich die kritischen Kommentare: Warum nur überweist man Künstlern wie einem Claudio Abbado, einem Daniel Barenboim, einem Alfred Brendel, einem Pierre Boulez, die ja fürwahr nicht zu den unerkannten Genies zählen, sich also sehr gut von ihren Auftrittssalären und Tantiemen ernähren können, so viel Geld „für ihr Lebenswerk“ aufs Konto?

Dass die Neider dabei manchmal aufs falsche Denkgleis geraten, bewies einst Karlheinz Stockhausen in seiner Dankesrede. Er meinte, den Siemenspreis könne er gut gebrauchen, weil er sich mit teuren künstlerischen Projekten zuletzt hoch verschuldet hätte – und die Sache mit der Auszahlung von Tantiemen etwa durch Schallplattengesellschaften keine so sichere Angelegenheit sei.

Auch diese Medaille hat also zwei Seiten. Vermutlich sogar jener „Gegen-Nobelpreis für Musik“, den das notorisch musikbegeisterte japanische Kaiserhaus verleiht und der natürlich nicht so genannt wird, sondern „kaiserlicher Preis“ heißt. Die 115.000 Euro diesen „Premio imperiale“ gehen heuer an Plácido Domingo, der damit Nachfolger von Zubin Mehta, Alfred Brendel oder Maurizio Pollini ist.

Eine wirklich sinnvolle Geldvergabe konstatiert man inzwischen im Dunstkreis des echten Nobelpreises: Anlässlich eines Treffens der Friedensnobelpreisträger in Warschau wird demnächst nämlich Emma aktiv. Emma, das ist die Abkürzung für „Euro Mediterranean Music Academy“.

Diese wiederum speist sich aus Donationen des Kulturunternehmers Paolo Petrocelli und soll die völlig im Argen liegende Musikerziehung im Mittelmeerraum, nicht nur jenseits des Ozeans, wieder auf Touren bringen. Im Sinn einer Besinnung auf kulturelle Werte ein preiswürdiges, zumindest preisenswürdiges Unterfangen – man sollte auch hierzulande bald wieder über profunden Musik- und Kunstunterricht nachdenken, das aber nur nebenbei. Preise bekommen Politiker für solche Mühewaltung natürlich nicht . . .

E-Mails an:wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2013)

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