Leonarda - Frankreichs Fall Arigona

Hollandes krude Interpretation des Rechts.

Eine Schulklasse begibt sich auf Klassenfahrt. Im Bus herrscht vermutlich ausgelassene Stimmung. Doch dann kommt die Polizei, fischt ein Mädchen aus der fröhlichen Runde. Die Lehrerin protestiert, doch die Beamten nehmen den Teenager mit. Noch am selben Tag wird das Mädchen gemeinsam mit ihrer Familie in den Kosovo abgeschoben. In ein Land, das sie nicht kennt und dessen Sprache sie nicht einmal spricht.

Der Fall der 15-jährigen Leonarda Dibrani hat in Frankreich für heftige Kontroversen gesorgt – und erinnert in Österreich an den Fall Arigona: ein integriertes Mädchen, das seit Jahren in dem Land lebt, dessen Sprache perfekt spricht – und trotzdem abgeschoben werden soll. Unmenschliche Politik? Nur die Befolgung der Gesetze im Rechtsstaat? Die Antwort lautet: beides.

Die Roma-Familie kam 2009 illegal nach Frankreich. 2011 erfolgt der Bescheid zur Ausweisung. Seither hat die Familie versucht, die Abschiebung hinauszuzögern. Die Ausweisung aus Frankreich kam für die Dibranis also nicht völlig überraschend. Ein Schicksal, das in Frankreich täglich hunderte Illegale betrifft. Aber: Eine Schülerin vor den Augen der versammelten Klasse abzuführen, mag zwar dem Gesetz entsprechen – ist aber eine besonders harte und so nicht nötige Exekutierung desselben. Das kann auch ein Präsident, der dem Kind unbeholfen ein Bleiberecht anbietet, mit seiner eigenen Interpretation der Gesetze nicht wieder geraderücken.

irene.zoech@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2013)

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