Eurozone stagniert: Zwei der großen Drei lassen aus

(c) EPA (DANIEL REINHARDT)
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Österreichs Wirtschaft wuchs im dritten Quartal zumindest marginal. Die Eurozone stagniert. Von den großen Volkswirtschaften legt nur Deutschland - wenig, aber doch - zu. Italien und Frankreich rutschen ins Minus.

Wien. Gerade erst haben die angehenden Großkoalitionäre das Budgetloch offiziell auf rund 20 Milliarden Euro schrumpfen lassen, da legt auch das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) freundlichere Zahlen über die Wirtschaft des Landes vor: Nach der Stagnation im ersten Halbjahr konnte die heimische Konjunktur demnach im dritten Quartal real um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal und um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. Ein marginales Plus zwar, das die Ökonomen da entdeckt haben, aber immerhin.

Nicht nur in Österreich, auch in vielen anderen Ländern der Eurozone legten die Statistikämter am gestrigen Donnerstag ihre jüngsten Wirtschaftsdaten vor. Ihr Fazit fällt ernüchternd aus: Nachdem die Wirtschaft in der Region im Sommer erstmals seit über zwei Jahren wieder etwas in Schwung gekommen war, stagnierte sie im Herbst mit plus 0,1 Prozent de facto.

Frankreich als Sorgenkind

Schuld am Dilemma sind jedoch nicht die kleinen Krisenstaaten im Süden des Kontinents, sondern vielmehr zwei der drei großen Wirtschaftsnationen Europas (siehe Grafik). Mit Frankreich und Italien rutschten die Nummer zwei und die Nummer drei der Eurozone in die Rezession. Mit Deutschland hielt wenigstens einer der drei Staaten, die zusammen zwei Drittel der Wirtschaftsleistung in der Währungsunion ausmachen, den Wachstumsmotor am Laufen.

Mit einem Plus von 0,3 Prozent fiel die Wachstumsrate nur noch halb so hoch aus wie noch im Sommer. Spätestens zu Jahresende erwarten Ökonomen jedoch wieder einen kräftigeren Aufschwung in Deutschland. Auch Italien soll es bis dahin wieder aus der Talsohle geschafft haben.

Frankreich bleibt hingegen das neue Sorgenkind der Region. Zwar versuchte der französische Finanzminister, Pierre Moscovici, das überraschende Minus von 0,1 Prozent nach einem robusten Sommer als kleinen Dämpfer zu verkaufen. „Das ist keine Rezession“, sagte er in einem Radio-Interview. Experten sind da jedoch weniger optimistisch. „Wir zählen Frankreich ohnehin zur Gruppe der problematischen Kernländer in der Eurozone, die mit Abstrichen unter ähnlichen Problemen leiden wie die im Süden“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Vor allem die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit sei ein Problem.

Etwas besser sieht die Situation in manchen Krisenländern aus. So konnten etwa Spanien und Portugal kleine Wachstumsraten melden. Auch der Absturz von Griechenland setzt sich zumindest nur noch gebremst fort.

EU-Kommission hofft auf 2014

Ob das aber reichen wird, um die Erwartungen der EU-Kommission an das nächste Jahr zu erfüllen, ist unklar. In ihrer Herbstprognose stellte die Kommission der Eurozone wieder ein kräftigeres Wachstum von 1,1 Prozent in Aussicht. Damit diese Prognose auch Wirklichkeit wird, müssen jedoch jene Euro-Mitgliedsländer, die bisher eine schrumpfende Wirtschaft verzeichnen, den Sprung in das Wachstum schaffen. Und nicht wie etwa Frankreich zurück ins Minus rutschen.

EZB hat Pulver verschossen

Für die Lebensrealität vieler Menschen auf dem Kontinent macht es jedoch herzlich wenig Unterschied, ob die Eurozone im dritten Quartal nun technisch an der Rezession vorbeigeschrammt ist oder nicht. Ihr Leben ist von der Krise bestimmt: Die Arbeitslosenrate in der Eurozone ist mit 12,2 Prozent auf einem Rekordhoch. Bei den unter 25-Jährigen liegt sie sogar bei knapp einem Viertel. Gleichzeitig verharrte die Inflationsrate im Oktober bei niedrigen 0,7 Prozent.

Das nährt die Sorge, dass es die Währungsunion in dieser Mischung aus Wirtschaftsflaute, öffentlichem Sparkurs, hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Preisen nicht schaffen wird, allzu bald wieder in die Gänge zu kommen.

Und es zeigt auch, dass die ultralockere Geldpolitik der EZB bisher ihre Ziele, die Wirtschaft zu stimulieren und die Preise konstant zu halten, klar verfehlt hat. Eben erst senkten Europas Notenbanker den Leitzins für die Währungsunion auf den bis dato niedrigsten Wert von 0,25 Prozent. Doch das billige Geld findet den Weg von den Banken zu den Firmen und Menschen nicht, die mit ihren Investitionen und ihrem Konsum die Wirtschaft wieder in Gang bringen sollten. So bleibt auch der EZB nicht viel mehr, als zu hoffen, „dass sich Konsum und Produktion langsam erholen werden“, so EZB-Chef Mario Draghi. Er hat seinen Handlungsspielraum mit einem Zinssatz knapp über der Nulllinie so gut wie verspielt. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2013)

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