Ragger: Der Besessene und gefragte Legionär aus Kärnten

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Der Kaiser und das königliche Spiel. Der 25-jährige Markus Ragger ist Österreichs Aushängeschild im Schach.

Schach in Österreich hat Tradition, wäre ja auch gelacht, wenn es dort, wo die Kaffehauskultur zelebriert wird, keine Denker im Sport daheim wären. Der heimische Schachbund ist im Vergleich dazu relativ jung, er wurde erst 1946 gegründet. Mittlerweile zählt man über 400 registrierte Vereine, die Zahl der aktiven Spieler (Turniere) beläuft sich auf etwa 15.000. Die Freizeitspieler werden auf 400.000 geschätzt. Früher wurde in Staatsligaform gespielt, seit 2003 tritt man als Bundesliga auf. Bis die Zeit reif war für eine Damenmeisterschaft hat es lange gedauert, es fehlte an Konkurrenz, vor allem aber an Geld. Seit der Saison 2011/12 aber gibt es hierzulande auch eine Damenbundesliga.

In Österreich zählt man vier Großmeister, einer davon ist Markus Ragger. Der gebürtige Kärntner, geboren in Klagenfurt, ist Profi. Er ist die Nummer eins, liegt im Elo-Ranking (2672) auf Platz 76, sein Rekord liegt bei 2680. Das hat vor ihm noch kein anderer Österreicher geschafft. Bei den Damen führt Eva Moser als 46. (Elo-Zahl 2434) das Ranking an.

Hierzulande galt Markus Ragger als Wunderkind. Das Schachspielen erlernte er im Alter von zwei Jahren – von den Großeltern. Mit sechs Jahren spielte der Kärntner bereits bei einem Verein (SK Maria Saal). Aber Ragger ist längst auch Legionär. Und ist damit weit gereist. Er bestritt bereits die Mannschaftsmeisterschaft in Griechenland (Korydallos), stand in Kroatien, Slowenien und Bosnien am Brett. Aber auch schon in Frankreich oder im Baskenland. In der deutschen Bundesliga ist Ragger ebenso aktiv, er tritt für die Schachgesellschaft Solingen an. Der Fide- und Internationale Meister (2005) wurde von Großmeister Duško Pavasovič trainiert, viel gelernt hat er auch vom österreichischen Nationaltrainer Zoltán Ribli.

Erfolge stellten sich rasch ein, das Talent von Markus Ragger war unübersehbar. Als Achtjähriger holte er sich den U10-Staatsmeistertitel, er wurde Jugendmeister, bei der U14-Weltmeisterschaft ließ er als Vierter aufhorchen. Er schaffte es sogar zum Sportler des Jahres. 2005 wurde ihm diese Ehre in Kärnten zuteil.

Der 25-Jährige hat es geschafft, aus seinem Hobby einen Beruf zu machen. Trainiert wird mehrere Stunden am Tag, oft bis spät in die Nacht hinein. Freund und Feind ist der Schachcomputer, die größte Herausforderung. Wer bis zu fünf, sechs Stunden bei einer Partie sitzt, der muss auch körperlich fit sein. „Da verbrennst du genug Kalorien.“ Und wenn nicht gespielt wird, dann wird einschlägige Literatur verschlungen. Sein Motto: „Ich gewinne immer – zumindest an innerer Stärke. Ich kämpfe gegen andere und gegen meine eigenen Grenzen.“

Wer in Österreich Schach sagt, der muss auch Wilhelm Steinitz sagen. Er war der erste Weltmeister (1851) überhaupt. Eine besondere Bedeutung kam der Stadt Wien zu; durch die Förderung von Kaiser Joseph II. und Kaiser Franz wurde schon im 19. Jahrhundert Wien zur Schachstadt in der Donaumonarchie. Hier entstand 1857 auch der erste Schachverein. Was dem Schach von heute in Österreich fehlt? „Geld“, sagt Präsident Kurt Jungwirth.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2013)

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