Wachstum, wo in der Realität keines mehr ist

Die Berechnung des BIPs basiert überall in hohem Maß auf Schätzungen und Fiktionen.

Nett von den Chinesen, dass sie ihr Bruttoinlandsprodukt (BIP) jetzt seriöser berechnen wollen. Damit wird China international etwas vergleichbarer.

An der grundsätzlichen Unseriosität der weltweiten BIP-Berechnung ändert sich dadurch aber leider nichts. Einen schönen Brocken des BIPs machen überall pure Schätzungen (etwa das Volumen der Schwarzarbeit) und Fiktionen (etwa die „imputierten Mieten“, die Eigenheimbesitzer zahlen würden, wenn sie ihre Behausung gemietet hätten) aus. Der Rest wird mittels des sogenannten Deflators, mit dem die ohnehin geschönte Inflationsrate bei der Berechnung der realen BIP-Steigerung noch einmal heruntergerechnet wird, erledigt. So kann man fiktives Wirtschaftswachstum „erzeugen“, wo keines mehr ist.

Fazit: Die meisten BIP-Werte (auch der österreichische) sind ziemlich deutlich überhöht. Das ist praktisch, weil beispielsweise die Staatsverschuldung (unsinnigerweise) nicht an den Staatseinnahmen, sondern eben am hochmanipulierten BIP bemessen wird. Die USA haben ihre Staatsschuldenquote im Sommer allein dadurch um zwei Prozentpunkte gesenkt, dass sie auf eine noch freundlichere BIP-Berechnung umgestiegen sind. Im Prinzip ist es also ziemlich egal, was die Chinesen melden.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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