Al-Qaida-Terror gegen Irans Botschaft

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Zwei Selbstmordattentäter rissen in Beirut mindestens 23 Menschen in den Tod. Der Anschlag könnte mit Irans Unterstützung für das syrische Regime zusammenhängen.

Beirut. Der Straßenzug im Süden Beiruts sah aus, als befände man sich mitten in einem Kriegsgebiet: Hochhäusern hatte es die Fassaden abgesprengt, Autos waren gleich reihenweise ausgebrannt, überall Blut, Scherben, menschliche Überreste. Die Rettungskräfte waren unermüdlich damit beschäftigt, die rund 140 Verletzten zu versorgen, die der von einer al-Qaida-nahen Gruppe verübte Doppelanschlag vom Dienstagvormittag vor der iranischen Botschaft gefordert hatte. Für mindestens 23 Menschen kam allerdings jede Hilfe zu spät, darunter nach ersten Berichten auch für den iranischen Kulturattaché. Dies wurde von der iranischen Regierung später allerdings dementiert.

Die zwei Explosionen im schiitisch dominierten Viertel Bir Hassan erfolgten gegen zehn Uhr im Abstand von wenigen Minuten: Zuerst näherte sich ein Mann auf einem Motorrad der iranischen Botschaft im Süden Beiruts, sprang ab, lief zum Eingang der Botschaft und zündete seinen Sprengstoffgürtel. Der zweite Attentäter sprengte sich in unmittelbarer Nähe in einem Geländewagen in die Luft. So viel lässt sich laut der libanesischen Zeitung „Daily Star“, die sich auf Angaben aus Sicherheitskreisen beruft, aus den Aufzeichnungen von Überwachungskameras rekonstruieren.

Der Libanon ist einiges an Anschlägen gewöhnt, doch das blutige Attentat vom Dienstag hat eine neue Qualität: Erstens, weil es sich um einen Selbstmordanschlag handelte, und zweitens, weil sich die Attacke gegen den Iran richtete, der eng mit der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und vor allem auch Syriens Diktator Bashar al-Assad verbündet ist.

Erinnerung an Bürgerkrieg

Im Kontext des syrischen Bürgerkriegs dürfte auch der Anschlag zu sehen sein, zu dem sich wenige Stunden nach den Explosionen bereits die Abdullah-Azzam-Brigaden bekannten. Diese sunnitische Terrorgruppe ist mit al-Qaida verbunden und machte im August auf sich aufmerksam, als sie aus dem Libanon Raketen auf Israel abfeuerte. Die Azzam-Brigaden sind stark in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon verwurzelt und haben Verbindungen zu Saudiarabien.

Der ohnehin instabile Libanon mit seinen fragilen ethnisch-religiösen Verhältnissen wird immer tiefer in den syrischen Bürgerkrieg hineingezogen. Regelmäßig kommt es zu Zusammenstößen zwischen Assad-Gegnern und Assad-Anhängern, beide Gruppen werden jeweils verstärkt durch Flüchtlinge aus Syrien. Zudem gab es während des Sommers terroristische Angriffe auf sunnitische bzw. schiitische Moscheen.

Irans Botschafter im Libanon, der das Attentat vom Dienstag offenbar unbeschadet überstand, machte in einer ersten Reaktion Israel verantwortlich. In Jerusalem wies man diese Anschuldigung umgehend entrüstet zurück.

Mit jeder Bombe, jedem Anschlag wächst im Libanon die Angst vor einem Rückfall in den Bürgerkrieg, dem zwischen 1975 und 1990 rund 90.000 Menschen zum Opfer fielen und der politisch bis heute nachwirkt. (ag./hd)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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